Düsseldorf. Die CDU spricht von “bewusster Täuschung der Öffentlichkeit“ durch den Innenminister. Jetzt soll eine Untersuchung klären, wer wann wieviel wusste.

Die Opposition im NRW-Landtag hat Innenminister Ralf Jäger (SPD) bei der Aufarbeitung der Kölner Silvesterexzesse eine Täuschung des Parlaments vorgeworfen. Jäger habe dem Landtag in der Sondersitzung am 14. Januar „entscheidende Informationen vorenthalten“, sagte CDU-Landeschef Armin Laschet. Der Innenexperte der Union, Gregor Golland, sprach sogar von einer „bewussten Täuschung der Öffentlichkeit“ und forderte Konsequenzen: „Wenn es noch eines Anlasses bedurfte, Jäger zu entlassen, dann hat er ihn jetzt geliefert.“

Jäger wusste schon am Neujahrstag von Vergewaltigung

Jäger hatte in der Sitzung auf Drängen der Opposition die erste vertrauliche Polizeimeldung (WE-Meldung) zu den Kölner Übergriffen vorgelesen, die ihn am Neujahrstag um 14.36 Uhr persönlich erreicht hatte. Wie erst am Montag bekannt wurde, zitierte er dabei unvollständig und verschwieg, dass in der Meldung bereits von der Vergewaltigung einer 19-Jährigen, dem nordafrikanischen Hintergrund einer 40- bis 50-köpfigen Tätergruppe und der klaren Erwartung weiterer Anzeigenerstattungen die Rede war.

Auch interessant

Das Innenministerium erklärte auf Anfrage, auch die vollständige WE-Meldung hätte noch keinerlei Rückschlüsse auf die Dimension der Vorfälle zugelassen. Das Ministerium holte erst am 4. Januar beim Kölner Polizeipräsidium weitergehende Informationen ein. Das erste Telefonat zwischen Jäger und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) über die Geschehnisse soll auch erst am 4. Januar um 13.41 Uhr stattgefunden haben. Wie jetzt bekannt wurde, war die erste WE-Meldung am Neujahrstag aber ebenfalls an Krafts Staatskanzlei weitergeleitet worden. Kraft war kritisiert worden, weil sie sich am 5. Januar erstmals öffentlich geäußert hatte.

In dem Untersuchungsauftrag wollen CDU und FDP wissen, wer wann was über die Übergriffe wusste. Außerdem müsse geklärt werden, wie viele Polizeikräfte in Köln zur Verfügung standen. Geklärt werden soll auch, was Ministerpräsidentin Kraft nach den Hinweisen auf Vergewaltigungen veranlasst hat. Das Innenministerium hat inzwischen eingeräumt, dass es in der Silvesternacht auch sexuelle Übergriffe in Bonn, Detmold, Dortmund, Essen, Borken, Paderborn und Bielefeld gegeben habe. Der Landtag wird den Untersuchungsausschuss in der kommenden Woche einsetzen.