Düsseldorf/Berlin. . Jedes Jahr werden in NRW 100 000 Menschen pflegebedürftig. Das kann man nicht mit dem Bau von Heimen auffangen, sagt Gesundheitsministerin Steffens .

Jedes Jahr werden nach Angaben von NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) 100.000 Menschen in NRW pflegebedürftig. „Den Zuwachs eins zu eins durch stationäre Pflegeheime aufzufangen, können wir uns weder personell noch finanziell leisten“, sagte Steffens der WAZ. Weil laut Umfragen die meisten Bürger so lange wie möglich in der vertrauten Umgebung bleiben will, richtet NRW die Versorgung stärker auf ambulante Hilfsangebote aus.

„Wer immer noch glaubt, es müssten massenhaft neue Pflegeheime gebaut werden, sollte sich zunächst selber fragen, wie er im Alter leben möchte“, sagte Steffens. Eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) hatte berechnet, dass die Zahl der Vollzeitplätze bis 2030 bundesweit um fast 50 Prozent auf über eine Million aufgestockt werden müsste. Für neue Heime seien 80 Milliarden Euro notwendig, ein Pflegekollaps könne nur durch mehr ambulante Strukturen verhindert werden. Laut Studie kommen heute 70 Prozent der Neuzugänge in Pflegeheimen direkt aus dem Krankenhaus, weil dort aus Kostengründen ein „Outsourcing von Pflege“ stattfindet.

Gesundheitsministerin setzt auf Angebots-Mix für die Pflege

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Steffens sieht die Zukunft in einem „vielfältigen Angebots-Mix aus ambulanten und stationären Angeboten“ in den Wohnquartieren. So habe NRW hohe bürokratische Hürden für die Gründung von „Alten-WGs“ und Pflegewohnungen beseitigt. Die RWI-Studie hatte ergeben, dass „heute leichte Fälle schneller im Heim landen als noch vor zehn Jahren“. So sei der Anteil der Heimbewohner mit Pflegestufe 1 seit 1998 bundesweit um fast 25 Prozent gestiegen, weil es nicht gelungen sei, die ambulante Pflege so zu gestalten, dass „nur die schweren Fälle in Heimen betreut werden müssen“. In NRW werden von rund 600 000 Pflegefällen fast drei Viertel zu Hause betreut. In mehr als 130 000 Fällen werden Angehörige von ambulanten Pflegediensten unterstützt.

Ein Jahr nach Inkrafttreten der neuen Familienpflegezeit fordern Politiker und Experten zugleich bessere Hilfen für pflegende Angehörige. „Das Gesetz ist ein Flop“, sagte die pflegepolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Elisabeth Scharfenberg, der WAZ. „Es geht nicht nur an der Lebenswirklichkeit der meisten vorbei - sämtliche Lasten bleiben auch an den Angehörigen hängen.“