Berlin. . Eine Studie zeigt die Belastung der „Sandwich-Frauen“: Eben noch in der Mutterrolle, müssen sie sich schon um Eltern oder Schwiegereltern kümmern.
Sie ziehen Kinder groß, schmeißen den Haushalt, verdienen Geld und greifen ihren alten Eltern unter die Arme: Frauen in der Mitte des Lebens sind vielfach gefordert – und nicht selten überfordert. Ohne Atempause rutschen viele Frauen aus der Mutterrolle in die Rolle der fürsorglichen Tochter. Wie eine neue Studie über die Frauen der „Sandwich-Generation“ zeigt, rechnet bereits jede zweite Frau im Alter zwischen 40 und 60 Jahren mit der Pflege von Angehörigen – oder hat sie sogar schon übernommen.
Viele Frauen haben Schuldgefühle
In der Lebensmitte kommt alles zusammen: Acht von zehn Frauen sind wieder berufstätig. Die Kinder sind zwar schon selbstständiger, brauchen aber ihre Mütter noch. Die Eltern und Schwiegereltern sind zunächst noch rüstig, freuen sich aber ebenfalls über Hilfe und Aufmerksamkeit: 95 Prozent der Frauen unterstützen Eltern und Schwiegereltern auf die eine oder andere Weise: mit Besuchen und Telefonaten, mit Hilfe bei Behördengängen, mit Fahrdiensten oder Einkäufen.
Jede fünfte Frau hat sogar schon Pflegedienste übernommen – bei akuten Krankheiten oder dauerhaft. Dennoch haben viele Schuldgefühle, weil sie sich vermeintlich zu wenig um die Eltern kümmern. Das schlechte Gewissen, das viele berufstätige Mütter ihren Kindern gegenüber empfinden – es begleitet sie zuverlässig in die nächste Lebensphase.
„Man sieht, wie der Sorgenpegel von Jahr zu Jahr steigt“, sagt Renate Köcher vom Allensbach-Institut, das im Auftrag der Zeitschrift „Bild der Frau“ die Lage der Sandwich-Frauen beleuchtet hat. Je älter die Frauen werden, desto besorgter ist der Blick auf die gleichzeitig älter werdenden Eltern: Anders als bei Kindern, um die sich Mütter und Väter mit der Zeit immer weniger kümmern müssen, wissen die Sandwich-Frauen, dass aus anfänglichem Kümmern bei der Eltern-Generation auf Dauer eine alle Kräfte überfordernde Pflege werden kann. „Das Kernproblem ist die psychische Belastung“, so Köcher. Gerade dann, wenn Pflege über Jahre oder Jahrzehnte andauert. Von den Frauen zwischen 40 und 60 Jahren, die bereits pflegebedürftige Eltern oder Schwiegereltern haben, übernehmen immerhin 84 Prozent die Pflege ganz oder teilweise selbst. Bei den Männern beteiligen sich 68 Prozent.
„Moralisch in der Pflicht“
Doch wer sich um andere kümmert, kümmert sich auch um sich selbst: Die Mehrheit der Sandwich-Frauen fühlt sich zwar „moralisch in der Pflicht“, die Pflege der Eltern oder Schwiegereltern zu übernehmen – viele empfinden dies aber als sinnstiftend oder gar beglückend. 70 Prozent sagen: „Ich helfe meinen Eltern oder Schwiegereltern gern und nicht, weil ich mich dazu verpflichtet fühle.“ Viele wollen „etwas zurückgeben“, haben das Gefühl, das Verhältnis zu den Eltern sei enger geworden.
Auch interessant
In den meisten Fällen löst die Altenpflege die Kinderbetreuung ab. Doch fast eine Million Frauen pflegen bereits Angehörige, während sie noch Kinder im Haus haben. Zum Durchatmen bleibt da keine Zeit. Und erst recht nicht für die eigene Altersvorsorge: Wer erst für die Kinder und später dann für die alten Eltern im Job kürzer tritt, muss später Altersarmut fürchten.
In der Zerreißprobe
Lange hat die Politik nur auf die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf geschaut – erst langsam rückt der andere große Spagat in den Blick: die Zerreißprobe zwischen Beruf und Pflege. „Das war und das ist bis heute nicht Mittelpunkt der Politik“, räumte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel bei der Vorstellung der Studie ein. Mit der Einführung der Familienpflegezeit für Beschäftigte in großen Unternehmen hat die Koalition zwar pflegenden Arbeitnehmern etwas mehr Spielraum verschafft – doch viele Arbeitnehmer sind weiter auf den guten Willen ihrer Betriebe angewiesen.
Dabei drängt die Zeit: Die Zahl der berufstätigen Frauen steigt stetig an, gleichzeitig wächst die Zahl der pflegebedürftigen alten Menschen. Und noch immer bleibt die Hauptlast der Familienarbeit an den Frauen hängen.