Düsseldorf. . Die neue Kölner Oberbürgermeisterin kann vorerst nicht vereidigt werden. Groß könnte für sie auch die psychische Belastung nach dem Anschlag sein.
Die „Henriette-Reker-Wahlparty“ ihres Unterstützerbündnisses aus CDU, Grünen und FDP plätscherte am Sonntagabend unentschlossen vor sich hin, als plötzlich doch noch Jubel durch die Kölner Rathaus-Bar „Consilium“ brandete. Soeben wurden Dankesworte an Martin Bachmann gerichtet, einen kurdischstämmigen Taxi-Unternehmer. Der 54-Jährige ist bei den Grünen aktiv und gilt als der Mann, der Henriette Reker das Leben gerettet hat. Die lokale Boulevard-Presse nennt ihn einen „Helden“.
Als Reker am Samstagmorgen auf dem Wochenmarkt in Köln-Braunsfeld vom Attentäter Frank S. (44) mit einem Militärmesser niedergestochen wurde, war es Bachmann, der reaktionsschnell mit einer Wahlkampffahne auf den Angreifer zugestürzt ist. Augenzeugen berichten voller Respekt, wie beherzt der „kurdisch-kölsche Jung“ zugegriffen und so Schlimmeres verhindert habe.
Täter stach OB-Kandidatin Reker mit Messer in den Hals
Rekers Gesundheitszustand habe sich angesichts der Schwere der Verletzung – offenbar an Luft- und Speiseröhre – „wie erwartet positiv entwickelt“, berichtete der Ärztliche Direktor der Kölner Uniklinik, Professor Edgar Schömig. Der Heilungsverlauf werde eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Ob die parteilose Reker schon weiß, dass sie am Sonntag mit knapp 53 Prozent zur ersten Oberbürgermeisterin einer deutschen Millionenstadt gewählt wurde, mochte am Montag noch niemand gesichert sagen.
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Offenbar haben sich die behandelnden Ärzte entschieden, die 58-Jährige nach zwei Notoperationen erst allmählich aus dem künstlichen Koma zu wecken. Dies soll nach übereinstimmenden Berichten am Montag erfolgt sein. Reker wird auf jeden Fall länger in stationärer Behandlung bleiben. Aus der geplanten Vereidigung im Rathaus am Mittwoch wird auf keinen Fall etwas. Bis auf Weiteres wird Stadtdirektor Guido Kahlen die Verwaltungsspitze führen, Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes (beide SPD) die wichtigsten Repräsentationstermine übernehmen.
Gesetzt setzt enge Frist für Ablehnung von Amtsübernahme
Immer wieder wurden am Montag Zweifel geäußert, dass Reker das OB-Amt überhaupt antreten werde. Unterstützer von CDU, Grünen und FDP wiesen diese als „gezielte Latrinen-Parolen“ zurück. Die Wahlgewinnerin selbst konnte sich naturgemäß dazu nicht äußern. Auch Familienmitglieder, die Zugang zur Intensivstation haben, wurden bisher gut abgeschirmt.
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Die Düsseldorfer Regierungspräsidentin Anne Lütkes (Grüne), die das Reker-Bündnis gegen die als übermächtig empfundene SPD geschmiedet hatte und einen kurzen Draht zu Rekers Ehemann hält, ließ keinen Zweifel daran, dass „der Neuanfang“ in der Domstadt geschafft sei. Das Wahlgesetz kennt zudem klare Fristen: Wenn Reker nicht innerhalb von sieben Tagen ausdrücklich der Amtsübernahme widerspricht, ist sie bis 2020 gekürte Oberbürgermeisterin der viertgrößten deutschen Stadt.
Polizeischutz für neue Kölner Oberbürgermeisterin?
Welche psychischen Folgen der Mordanschlag hinterlässt, kann nur gemutmaßt werden. Trauma-Experten beschrieben die Hürde, je wieder unbefangen ins Bürger-Gespräch zu gehen – das Kerngeschäft eines Kommunalpolitikers. Ein Stadtsprecher stellte in Absprache mit der Polizei künftig Personenschutz für Reker in Aussicht. Dies ist bislang nur bei Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Innenminister Ralf Jäger (beide SPD) üblich. Die Angst vor Schutzlosigkeit können aber auch diese spezialisierten Polizisten nicht nehmen.
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Das „Team Reker“ machte derweil deutlich, dass die Wahlgewinnerin alsbald Dreh- und Angelpunkt der Kölner Politik werden soll. In einer Erklärung forderten die engsten Mitarbeiter der Verletzten die Parteien dazu auf, keine vorschnellen Rathaus-Koalitionen ohne sie zu verabreden. Hintergrund sind Andeutungen des unterlegenen OB-Kandidaten der SPD, Jochen Ott, man könnte demnächst eine Große Koalition im Rat bilden. Bislang hatte die SPD mit Grünen und Piraten das Sagen.
Rekers „Jamaika“-Unterstützerbündnis hat nun die Machtverhältnisse durcheinander gewürfelt und stellte klar: Das neue Stadtoberhaupt müsse „an allen wichtigen Entscheidungsprozessen“ beteiligt werden.