Berlin. Justizminister Maas hofft nach Gesprächen mit Facebook nun auf mehr Tempo beim Löschen von Hassbotschaften: Löschung innerhalb von 24 Stunden möglich
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) setzt nach seinen Verhandlungen mit Facebook auf ein beschleunigtes Verfahren zum Löschen von Hasskommentaren. "Facebook weiß selbst, dass solche Botschaften auf ihren Seiten nichts verloren haben", sagte Maas am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". Sofern ein Hasskommentar erkannt und gemeldet sowie tatsächlich als Straftat erkannt sei, könne eine Löschung innerhalb von 24 Stunden möglich sein.
Der Justizminister hatte sich am Montag mit Facebook-Vertretern getroffen. Vereinbart wurde unter anderem, dass eine Arbeitsgruppe zum Umgang mit Hassbotschaften im Netz gebildet wird. Dabei habe sich Facebook bereiterklärt, sich auch finanziell zu beteiligen, sagte Maas. Das Beschwerdemanagement solle dann künftig auch für Twitter oder Youtube nutzbar sein.
Künast: Facebook-Debatte sei ein gutes Zeichen
Zudem will Facebook eine Kampagne starten, bei der eine Gegenargumentation zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit mit Hilfe internationaler Experten gefördert werden soll (Counter Speech). Auch eine Partnerschaft mit der freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM) will das Netzwerk eingehen.
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Es sei ein gutes Zeichen, dass sich Facebook auf die Debatte in Deutschland eingelassen habe, sagte die Grünen-Politikerin Renate Künast. Man werde nun in den nächsten Monaten sehen, welche Kriterien erarbeitet würden. "Aber auch die Justizminister von Bund und Ländern müssen bei der Strafverfolgung jetzt ihre Hausaufgaben machen."
Juristen: "vielversprechender Schritt"
Von Juristen wird die Frage, ob die von Facebook angekündigten Maßnahmen ausreichen, unterschiedlich bewertet. Die Arbeitsgruppe könne nur eine "flankierende Maßnahme" sein, sagte der Medienanwalt Thorsten Feldmann. Es gehe aber um ein ganzes Paket an Maßnahmen, mit dem Facebook das Vorgehen gegen Hasskommentare intensivieren wolle.
Dass sich das Netzwerk künftig mit Partnern wie der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM) und staatlichen Stellen eng zusammenarbeiten wolle, sei zumindest "ein vielversprechender Schritt", sagte Feldmann. Gerade die FSM verfüge über Experten mit großer Erfahrung, die Inhalte schnell und verlässlich auf ihre Rechtswidrigkeit prüfen können und die genau wissen, wie diese am effektivsten aus Internetangeboten entfernt werden.
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Anders als etwa bei Verstößen gegen den Jugendschutz sei die Einordnung von Hasskriminalität schwieriger, betonte Maas. Die Botschaften müssten gelesen und rechtlich eingeschätzt werden. Und es müsse geklärt werden, dass sie nicht einfach "Ausfluss der Meinungsfreiheit" seien, die nun einmal auch "hässliche Meinungen" schütze. "Wir wollen, dass das noch schneller geht und auch Dritte mit einbeziehen." Es nütze nichts, bei solchen Dingen allein auf Facebook zu schauen.
Medienanwalt: Facebook ist "in der Pflicht zu löschen"
Die von Facebook zugesicherten Maßnahmen würden jedoch nicht dabei helfen, geltendes Recht wirklich umzusetzen, kritisiert dagegen der Medienanwalt Christian Solmecke. "Facebook ist als Plattformanbieter verantwortlich und in der Pflicht zu löschen", sagt Solmecke. Facebook gelte dabei laut Gesetz als Störer. "Das heißt: Ab Kenntnis rechtswidriger Inhalte muss gelöscht werden."
Es gehe aber um eine ganze Reihe von Beschwerden, die bewertet werden müssten, räumt Feldmann ein. Facebook stehe zwar in der juristischen Verantwortung, wenn das Netzwerk kriminelle Inhalte nicht lösche. "Aber die Inkenntnissetzung muss dabei sicher erfolgt sein. Und vor allem ist nicht alles, was rassistisch, dumm oder widerlich ist, auch unbedingt strafbar." In solchen Fällen könne die von Facebook vorgeschlagene Gegenrede sicher deutlich mehr bewegen.
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Künast betonte, es müsse unterschieden werden zwischen klaren Rechtsverstößen und - nicht strafbaren Äußerungen wie etwa zynischen Bemerkungen, Verwünschungen oder Beleidigungen. Facebook dürfe nicht erst agieren, wenn etwas strafbar ist, sondern auf eigene Standards für den Umgang in seinem Netz dringen. "Das ist eine große Herausforderung, aber damit muss sich das Netzwerk jetzt auseinandersetzen." Was in der analogen Welt gelte, müsse auch im Digitalen gelten. Niemand würde in einer Kneipe akzeptieren, wenn jemand alle Gäste beschimpft. "Jeder Wirt würde da sagen, bei mir nicht." (dpa)