München. Die Münchner Behörden bekommen viel Lob für dem Umgang mit dem Flüchtlingsandrang. Dennoch macht sich Frust breit – man fühlt sich alleingelassen.
Die bayerische Landeshauptstadt München bereitet sich auf die Ankunft weiterer Zehntausender Flüchtlinge vor und hat neue Plätze in Notunterkünften geschaffen. Die Regierung von Oberbayern rechnet mit weiter steigenden Flüchtlingszahlen. Wie viele Menschen am Wochenende zu erwarten sind, war den Behörden zufolge zunächst jedoch nicht abschätzbar.
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Am Samstag kamen bis 6 Uhr etwa 1600 Menschen in Zügen am Hauptbahnhof an. Am Freitag hatten die Behörden rund 5800 Flüchtlinge gezählt. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) forderte die anderen Bundesländer dringend zur Unterstützung auf. Seit dem vergangenen Wochenende haben 40 000 Migranten München erreicht.
Über Serbien kommen weiterhin zu Tausenden Flüchtlinge nach Ungarn. Am Freitag seien es 2827 gewesen, bis Samstagmorgen weitere 1561, teilte die Polizei in Budapest mit. Insgesamt habe man in diesem Jahr 181 014 illegale Grenzübertritte registriert. Von diesen Menschen hätten 166 465 in Ungarn einen Asylantrag gestellt - davon allein 2093 am Freitag
Rund 1700 Flüchtlinge kamen am Wochenende nach NRW
In Nordrhein-Westfalen werden auch an diesem Wochenende wieder Hunderte Flüchtlinge erwartet. Allein am Freitag erreichten mehr als 800 Menschen in Sonderzügen aus Ungarn den Dortmunder Hauptbahnhof, wie ein Sprecher des Innenministeriums am Samstag mitteilte. Sie seien mit Bussen in die Notunterkünfte und Erstaufnahmestellen im Land verteilt worden. Am Samstag sollten Züge mit weiteren 900 Menschen in Düsseldorf ankommen. Insgesamt hat das Land damit seit Montag 15.000 Flüchtlinge aufgenommen.
Bundeswehr half beim Einrichten in der Messe
Um die Flüchtlinge in München vorübergehend unterzubringen, wurden auf dem Messe-Gelände, in der Innenstadt und in Aschheim im Landkreis München neue Betten aufgestellt. Dabei halfen auch Bundeswehrsoldaten, wie die Regierung von Oberbayern mitteilte. "Wir wollen in den nächsten Tagen Kapazitäten im Tausenderbereich schaffen", sagte eine Sprecherin.
Inzwischen hat München zunehmend Schwierigkeiten, Busse und Fahrer zu finden, um die Ankommenden in die Notunterkünfte zu bringen. Zu den leichter erreichbaren Schlafplätzen in der Innenstadt werden Flüchtlinge daher teils zu Fuß begleitet und von der Polizei eskortiert.
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Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dem Bayerischen Rundfunk, der Freistaat sei im Moment noch gut darauf eingestellt, Flüchtlinge aufzunehmen. Entscheidend sei jedoch, wie viele Migranten entsprechend der Quote von anderen Bundesländern aufgenommen werden können. Außerdem erwarte er auch vom Bund konkrete Schritte, die den Zuzug nach Deutschland bremsten.
Um München zu entlasten, soll in der Lüneburger Heide ein Drehkreuz für Flüchtlinge in Norddeutschland entstehen. Asylbewerber sollen direkt per Bahn von Österreich nach Bad Fallingbostel gebracht werden, dort in Busse umsteigen und auf die norddeutschen Länder verteilt werden, wie das niedersächsische Innenministerium mitteilte.
In Berlin traf am Freitagabend ein Sonderzug mit mehr als 500 Flüchtlingen am Regionalbahnhof Flughafen Schönefeld ein. Der Zug kam direkt aus Salzburg. Von Schönefeld aus sollten die Flüchtlinge mit Bussen direkt in neue Unterkünfte am Olympiapark gebracht werden, wie die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales mitteilte.
Steinmeier erwartet an diesem Wochenende 40.000 Flüchtlinge
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, äußerte sich zurückhaltend zur Prognose von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), wonach an diesem Wochenende 40 000 Flüchtlinge in Deutschland erwartet werden. Noch sei nicht klar, dass sich diese Zahl bewahrheite, sagte die SPD-Politikerin am Samstag im rbb-Inforadio. Fraglos seien aber viele Menschen unterwegs: "Es ist schon atemberaubend, das Tempo, in dem jetzt aus der Region (um Syrien) geflüchtet wird."
Steinmeier hatte am Freitag erklärt, die Bundesregierung rechne an diesem Wochenende mit der Ankunft von rund 40 000 weiteren Flüchtlingen aus den südlichen und südöstlichen Nachbarländern in Deutschland. (dpa)
Ungarische Kamerafrau entschuldigt sich für Tritte gegen Flüchtlinge
Die ungarische Kamerafrau, die beim Filmen von Flüchtlingen Kinder getreten hatte, hat sich für den Vorfall entschuldigt. "Ich bitte die Betroffenen wegen des Vorgefallenen aufrichtig um Entschuldigung", schrieb sie an die konservative Tageszeitung "Magyar Nemzet", die den Brief am Samstag veröffentlichte. Ihr "ganzes bisheriges Leben" sei "ruiniert", fügte sie hinzu. Gegen sie ermittelt derzeit die Polizei wegen Störung der öffentlichen Ordnung.
Schon per Brief für Vorfall entschuldigt
Schon am Vortag hatte die Kamerafrau in einem ersten Brief an die Zeitung den Vorfall bedauert. Sie sei "keine herzlose, Kinder tretende Rassistin", schrieb die 40-Jährige. Sie hatte ihr Verhalten mit Angst vor der Menge der Flüchtlinge an der ungarisch-serbischen Grenze bei Röszke erklärt. "Ich geriet in Panik, ... als ob ich nicht ich selbst gewesen wäre", schrieb sie.
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Der Fall hatte Anfang der Woche Empörung ausgelöst. Von anderen Journalisten gedrehte Videos zeigten, wie die Kamerafrau einem Flüchtling mit einem Kind im Arm ein Bein stellte, worauf dieser samt Kind zu Boden fiel. Außerdem war zu sehen, wie sie einem kleinen Mädchen gegen das Schienbein trat.
Die Frau arbeitete für den Internet-Sender N1TV, der zur Mediengruppe der rechtsextremen Jobbik-Partei gehört. Sie wurde nach dem Vorfall entlassen. N1TV teilte jetzt mit, der Sender und die Kamerafrau hätten Dutzende Drohbotschaften erhalten.