Kopenhagen/Flensburg. Die dänische Polizei stoppte Mittwoch den Bahnverkehr aus Deutschland. Am Donnerstag wurde ein erster Flüchtlingszug wieder über die Grenze gelassen.

Nach der Wiederaufnahme des Bahnverkehrs zwischen Deutschland und Dänemark hat die dänische Polizei am Donnerstagmorgen einen ersten Zug mit Flüchtlingen ins Land gelassen. Am Grenzbahnhof in Padborg kontrollierten Dutzende Beamte die aus Flensburg kommenden Menschen, wie eine dpa-Reporterin beobachtete. Die rund 50 Flüchtlinge seien zu ihren Reisezielen befragt worden, anschließend durfte der Zug in Richtung Kopenhagen weiterfahren, wie ein Polizeisprecher in Padborg sagte.

Der Zug war mit leichter Verspätung um kurz nach 7.00 Uhr in Flensburg gestartet. Rund 100 Menschen hatten dort die Nacht in der Bahnhofshalle verbracht, nachdem die dänische Polizei auf Anweisung der Polizei am Mittwoch wegen der Flüchtlinge den Zugverkehr mit Deutschland eingestellt hatte - Stunden, nachdem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Europäer aufrief, in der Flüchtlingspolitik zusammenzustehen.

Flüchtlinge machen sich auf den Weg nach Schweden

Dem dänischen Reichspolizeichef Jens Henrik Højbjerg zufolge wurde der Bahnverkehr am Mittwoch "aus Sicherheitsgründen" eingestellt. Auch die Autobahn E45 in Südjütland wurde vorübergehend gesperrt, weil Flüchtlinge zu Fuß versuchten, über die Straße nach Schweden zu gelangen.

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Seit Sonntag waren rund 3000 Flüchtlinge mit Zügen in Padborg nahe Flensburg und mit Fähren in Rødby auf Lolland angekommen. Viele wollen über das deutsche Nachbarland nach Schweden weiterreisen und sich nicht in Dänemark als Asylbewerber registrieren lassen. Die neue dänische Regierung fährt eine harte Linie in der Flüchtlingspolitik. Wer sich nicht in Dänemark als Asylbewerber registrieren lassen will, muss damit rechnen, nach Deutschland zurückgeschickt zu werden.

In der Nacht zum Donnerstag hat die dänische Polizei rund 240 Flüchtlinge aus der Stadt Rødby auf der Insel Lolland weiterreisen lassen. "Sie konnten den Zug hier aus Rødby nehmen", sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Rund 300 Menschen befänden sich noch in einer Unterkunft in Rødby, sagte der Polizeisprecher am Donnerstagmorgen. "Manche werden von hier aus im Laufe des Vormittags aufbrechen." Wann die Fähren über den Fehmarnbelt wieder Züge transportieren würden, konnte er nicht sagen. Fernsehberichten zufolge nahmen in Rødby viele Autofahrer Flüchtlinge mit Richtung Norden.

"Aussetzung der Reisefreiheit ist mehr als besorgniserregend"

Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt (SPD) forderte die Bundesregierung auf, mit der dänischen Regierung ein "verbindliches und transparentes Verfahren für die Durchreise und Übernahme von Flüchtlingen" zu vereinbaren. Der schleswig-holsteinische SPD-Chef Ralf Stegner kritisierte den Alleingang der dänischen Regierung. "Die Aussetzung der Reisefreiheit durch die rechtsliberale dänische Regierung ist mehr als besorgniserregend", sagte Stegner am Mittwochabend der Deutschen Presse-Agentur. Das Schengen-Abkommen sei ein wichtiges Merkmal des freiheitlichen, geeinten Europas: "Gerade bei den gegenwärtigen großen Herausforderungen brauchen wir gemeinsame europäische Lösungen, keine nationalen Alleingänge."

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EU-Kommissionspräsident Juncker hatte zuvor im Europaparlament in Straßburg gesagt, die EU-Staaten hätten die Mittel und Möglichkeiten dazu, um Menschen zu helfen, die auf der Flucht vor Krieg, Terror und Unterdrückung seien. Es sei "eine Frage der Menschlichkeit und der menschlichen Würde". "Es fehlt an Europa in dieser Europäischen Union, und es fehlt an Union in dieser Europäischen Union", sagte er.

Am kommenden Montag (14. September) müssten bei einem Sondertreffen der Innenminister Entscheidungen getroffen werden - dabei geht es um eine faire Verteilung schutzbedürftiger Flüchtlinge. Die Vorschläge Junckers sehen eine Notumsiedlung von insgesamt rund 160 000 Flüchtlingen innerhalb der EU vor.

Über 5500 Flüchtlinge kamen am Mittwoch in München an

Am Münchner Hauptbahnhof kamen derweil am Mittwoch bis 17.00 Uhr rund 4000 Asylsuchende an. Bis Mitternacht rechnete die Regierung von Oberbayern mit einem weiteren Zustrom und einer Tagesgesamtzahl von etwa 5500 Menschen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besucht am Donnerstag ein Wohnheim für Asylbewerber und eine spezielle Schulklasse - eine sogenannte Willkommensklasse - für Flüchtlingskinder in Berlin. Zudem hat sie sich für den Vormittag in der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Berlin-Spandau angekündigt. (dpa)