Berlin. . Patienten gehen immer häufiger direkt ins Krankenhaus. Die Kliniken klagen über steigende Kosten. Minister Gröhe soll Reform nachbessern.
Hermann Gröhe hat Großes vor: Der Bundesgesundheitsminister will die Krankenhäuser auf Trab bringen. Sie sollen besser werden, vor allem aber soll sich ihre Bezahlung stärker an der geleisteten Qualität der Behandlung orientieren.
Für manche Kliniken heißt das, dass sie schließen müssen – weil sie nicht gut genug oder nicht groß genug sind. Klinikdirektoren und ihre Mitarbeiter sind aufgebracht. Der Gegenwind für CDU-Politiker Gröhe und sein „Krankenhausstrukturgesetz“ ist groß.
Proteste angekündigt
Die Kliniken haben noch in diesem Monat Proteste gegen Gröhes Pläne angekündigt. Am heutigen Montag hören sich die Gesundheitspolitiker im Bundestag erst einmal die Meinung von Experten zum Gesetzentwurf an. Nicht weniger als 48 Verbände und Sachverständige haben Stellungnahmen zum Gesetzentwurf eingereicht.
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Auch Gröhes eigene Leute wollen Änderungen durchsetzen. Der für Gesundheit zuständige stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Georg Nüßlein, sagte der Berliner Morgenpost: „Es gibt eine große Bereitschaft in der Fraktion, den Gesetzentwurf noch zu verändern.“
Nüßlein nennt eine Reihe von Punkten, ein Thema ist dem CSU-Politiker besonders wichtig: Die Krankenhäuser sollen mehr Geld für die Behandlung ambulanter Notfälle bekommen – also für Patienten, die sich in der Notaufnahme behandeln lassen, anschließend aber wieder nach Hause gehen.
Zahl der Patienten steigt
Die Zahl dieser Patienten hat sich kontinuierlich erhöht. „Die Kosten der Krankenhäuser in diesem Bereich steigen überproportional“, sagt Nüßlein. Viele Ärzte mit eigener Praxis würden Patienten gleich ins Krankenhaus schicken; die Summen, die Kliniken für die aufwändige Behandlung dort bekämen, seien aber zu gering. „Es kann nicht sein, dass die einen die Arbeit und die anderen das Honorar haben“, sagt Nüßlein. „Wir müssen das Honorar für die Krankenhäuser erhöhen und es auf der anderen Seite anrechnen.“ Soll heißen: Je mehr Krankenhäuser ambulant behandeln, desto weniger Honorar sollen die niedergelassenen Ärzte bekommen.
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Den Trend, den der CSU-Gesundheitspolitiker beschreibt, gibt es tatsächlich. Eine Auswertung der zweitgrößten gesetzlichen Krankenkasse, der Barmer GEK, zeigt: Die Zahl ambulanter Notfallbehandlungen im Krankenhaus ist in den vergangenen drei Jahren zum Teil deutlich gestiegen.
Es fehlt eine Milliarde Euro
Immer mehr der 8,6 Millionen Versicherten der Barmer GEK haben sich in den Notaufnahmen im Krankenhaus versorgen lassen – im Jahr 2014 waren es gut 1,3 Millionen. Verglichen mit dem Jahr 2012 waren das 150.000 zusätzliche Patienten. Hochgerechnet auf die rund 70 Millionen gesetzlich Versicherten bei allen Krankenkassen ist die Zahl der Notfallpatienten in den drei ausgewerteten Jahren damit um gut eine Million gestiegen. Am stärksten ist die Entwicklung in Baden-Württemberg, aber auch in NRW, in Bayern und in Niedersachsen zeigen die Zahlen zum Teil deutlich nach oben.
Die Krankenhäuser weisen schon länger auf diese Entwicklung hin. Ihre Interessenvertretung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat errechnet, dass eine Klinik für einen Notfall 32 Euro bekommt. Die Kosten würden aber pro Fall mehr als 120 Euro betragen. Bei mehr als zehn Millionen ambulanten Notfällen pro Jahr fehle insgesamt eine Milliarde Euro.
„Die Not der ambulanten Notfallversorgung muss auf die Tagesordnung der Klinikreform“, fordert der Hauptgeschäftsführer der DKG, Georg Baum. Die Kliniken hielten teure Geräte bereit, die Kompetenz der Ärzte sei hoch, „das alles ist mit der bisherigen Vergütung nicht zu bezahlen“, klagt Baum. Die 40 Millionen Euro, mit denen die Reform die Kliniken entlaste, seien „ein Tropfen auf den heißen Stein“.