Kairo. . Erst nach einem offenen Mord und Protesten der alevitischen Bevölkerung ließ Syriens Diktator Assad seinen 18-jährigen Neffen verhaften, der lange die Hafenstadt Latakia terrorisiert hatte. Beide sind selbst Aleviten.

Er gilt als gewalttätig und despotisch. Auf Facebook protzt der 18-Jährige mit Schnellfeuergewehren, räkelt er sich grinsend mit seiner Wasserpfeife oder posiert in Kampfuniform am Steuer eines Panzers. Bisher konnte sich Suleiman al-Assad alles erlauben, schließlich ist er ein Neffe zweiten Grades des syrischen Präsidenten. Montagabend jedoch ließ Bashar al-Assad ihn nun festnehmen, nachdem am Wochenende über tausend Aleviten in der Hafenstadt Latakia seine Hinrichtung gefordert hatten. Auslöser dieses ungewöhnlichen Aufbegehrens war ein nichtiger Verkehrsdisput, bei dem der 18-Jährige seinen Kontrahenten am Ende auf offener Straße über den Haufen schoss.

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Nach Angaben von Augenzeugen fühlte sich Suleiman al-Assad in seinem schwarzen Hummer von Luftwaffenoberst Hassan al-Sheikh behindert und bremste dessen Wagen aus. Den anschließenden Wortwechsel beendete der Assad-Verwandte mit einer Salve aus seiner Kalaschnikow. Al-Sheikh starb vor den Augen seiner entsetzten Frau, seiner Söhne sowie seines Bruders Nasser.

Suleiman al-Assad ist in Latakia berüchtigt, der wichtigsten Hochburg des Regimes. Er ist der Sohn von Hilal al-Assad, einem Cousin des Präsidenten. Hilal machte in den achtziger Jahren mit Schmuggel ein Vermögen. Als Kommandant der Verteidigungsmilizen wurde er im März 2014 von Rebellen erschossen. Seitdem terrorisierte sein halbwüchsiger Spross die 400.000-Einwohner-Stadt. Nach Lust und Laune raste er mit seinem Geländewagen am Strand entlang und versetzte die Badegäste in Angst. Mehrfach soll er auf Menschen geschossen haben, von denen er sich provoziert fühlte.

Rebellen rücken immer näher an alevitische Gebiete heran

Für das Regime in Damaskus kommt der tödliche Streit in den eigenen Reihen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Der Druck auf die Minderheit der Aleviten wächst. Die Zahl ihrer Gefallenen ist extrem hoch. Offene Zerwürfnisse könnten den endgültigen Kollaps des Machtsystems auslösen. Denn die Rebellen rücken immer bedrohlicher an die alevitischen Siedlungsgebiete heran, während Diktator Assad langsam die Soldaten ausgehen.

Und so schickte Assad eilends eine Delegation nach Latakia, um die Gemüter zu beruhigen. Der Frau des Ermordeten ließ er versprechen, der Täter werde, wer auch immer er sei, zur Rechenschaft gezogen. Für Louay Hussein, einem prominenten Aktivisten der alevitischen Opposition, hingegen ist das alles Augenwischerei. „Es war nicht das erste Mal, dass ein Gangster der Assad-Familie einen alevitischen Bewohner von Latakia angegriffen und getötet hat“, beklagt er auf Facebook. Nicht alle Mitglieder der Assad-Familie seien Gangster oder Kriminelle, aber viele von ihnen. „Sie töten, sie vergewaltigen, sie stehlen, sie entführen Frauen, sie beschlagnahmen Vermögen. Das sind alles Mafiosi, die glauben, über dem Gesetz zu stehen.“