Düsseldorf. Sinnlos und viel zu früh findet NRW-Regierungschefin Kraft die Kanzlerkandidatendebatte in der SPD. Sie selbst winkt weiterhin ab.

Die Debatte über den SPD-Kanzlerkandidaten und eine Urwahl ist aus Sicht der stellvertretenden Parteichefin Hannelore Kraft verfrüht. "Eine Urwahl macht nur Sinn, wenn es mehrere Kandidaten gibt", sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin am Donnerstag auf Nachfrage in Düsseldorf. "Es ist jetzt überhaupt nicht der Zeitpunkt, darüber zu reden." Schließlich stehe die Bundestagswahl erst in zwei Jahren an. "Ich bin der Auffassung, dass die SPD gut daran tut, sich mit der inhaltlichen Positionierung auseinanderzusetzen und weniger über die Kandidatenfrage zu diskutieren."

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Parteivize Ralf Stegner und der konservative Parteiflügel hatten sich in dieser Woche offen gezeigt für den Vorstoß von Juso-Chefin Johanna Uekermann, einen Kanzlerkandidaten in Urwahl durch alle Parteimitglieder zu bestimmen. Vor zwei Wochen hatte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) die Notwendigkeit eines eigenen Kanzlerkandidaten in Zweifel gezogen, weil Amtsinhaberin Angela Merkel (CDU) ohnehin kaum zu schlagen sei.

Hannelore Kraft möchte "nie,nie als Kanzlerkandidatin antreten"

Kraft versicherte dagegen dem "Stern", ihre Partei werde einen Kanzlerkandidaten aufstellen. "Die SPD gibt ihren Regierungs- und Führungsanspruch nicht an der Garderobe ab", betonte sie in der aktuellen Ausgabe des Hamburger Wochenmagazins. "Niemand ist unschlagbar."

Kraft betont Einfluss als Chefin der NRW-SPD

Für sich selbst hatte die 54-jährige Mülheimerin vor zwei Jahren eine Kanzlerkandidatur definitiv ausgeschlossen. Vor Genossen hatte sie gesagt: "Ich werde nie, nie als Kanzlerkandidatin antreten. Ich bleibe in Nordrhein-Westfalen. Darauf könnt ihr euch verlassen."

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Von Alexander Kohnen und Miguel Sanches

Dazu stehe sie, bekräftigte sie im Interview des "Stern". Deswegen sei sie noch lange keine "Provinztante", betonte Kraft. "Nordrhein-Westfalen ist keine Provinz." Dass sie sich mit ihrem Verzicht selbst klein gemacht habe, sei "Quatsch". Als Parteichefin des größten SPD-Landesverbands und Bundesvize habe sie selbstverständlich Einfluss.

"Das ist wohl eher männliche Denke, immer die nächste Karrierestufe erklimmen zu müssen", meinte Kraft. "Erstmal bezweifle ich, dass das überhaupt die nächste Karrierestufe wäre. Für mich ist Nordrhein-Westfalen nicht die Regionalliga, und in Berlin spielt die erste Liga." Familienpolitik habe nicht weniger Gewicht als etwa die Außenpolitik.