Düsseldorf/Arnsberg. . Zahl der ankommenden Menschen überfordert die Kommunen. Bezirksregierung Arnsberg: „Komplettuntersuchungen sind nicht möglich“

Hunderte Flüchtlinge erreichen jeden Tag Nordrhein-Westfalen und bitten um Asyl. Jeder muss bei seiner Ankunft eine medizinische Untersuchung durchlaufen. Doch damit fühlen sich viele Kommunen überfordert. Der Rat aus Arnsberg, bei der Ankunft doch notfalls auf glasige Augen zu achten, sorgte vor Ort bereits für Empörung.

Laut Städte- und Gemeindebund fühlen sich vor allem kreisangehörige Städte bei der Gesundheitsversorgung im Stich gelassen. Da die Kreisbehörden nicht auf Anhieb verfügbar seien, wüssten viele kleinere Gemeinden nicht, wie sie Flüchtlinge ordnungsgemäß medizinisch versorgen sollen, erklärte ein Sprecher. Bei einer Krisensitzung im Innenministerium sei bereits Innen-Staatssekretär Bernhard Nebe (SPD) auf die alarmierenden Zustände hingewiesen worden. Das Innenministerium verwies gestern auf die zuständige Bezirksregierung Arnsberg.

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Die Stadt Essen reagierte pragmatisch auf die Engpässe. Es gebe keine gesetzliche Regelung für die Untersuchung oder Impfung frisch angekommener Menschen, erklärte die Gesundheitsverwaltung. Dank einer Kooperation mit einem niedergelassenen Arzt könne man in Essen immerhin ein Impfprogramm für Asylbewerber anbieten. Eine obligatorische Erstuntersuchung der Flüchtlinge sei jedoch nicht möglich. Man könne nur auf Krankheitsauffälligkeiten reagieren. Bis auf Windpocken seien bislang in den Massenunterkünften keine ansteckenden Krankheiten gehäuft aufgetreten.

1000 Flüchtlinge pro Tag

Es fehle eine geordnete Struktur, „Arnsberg ist völlig überfordert“, hatte die Iserlohner Sozialdezernentin Kartin Brenner geklagt. Die Bezirksregierung weist die Vorwürfe zurück. Die Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Dortmund und Bielefeld würden „allerspätestens unmittelbar nach der Ankunft“ in einer Zentralen Unterbringungseinrichtung von Ärzten oder „im Ausnahmefall“ von Pflegern oder Sanitätern „in Augenschein genommen“. Dabei handele es sich aber nicht um eine „volle medizinische Untersuchung wie bei einem Check durch einen Hausarzt“, räumte Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung, ein. „Bei 1000 Flüchtlingen, die derzeit am Tag NRW erreichen, ist eine Komplettuntersuchung nicht möglich“, so Söbbeler. Bei der ersten Untersuchung gehe es darum festzustellen, ob jemand an Masern oder Windpocken erkrankt ist oder etwa Ungeziefer am Körper trage.

Dringend vorgeschrieben ist während des Aufenthalts in einer Flüchtlingseinrichtung eine Röntgenuntersuchung auf Tuberkulose. Das wird – wie auch Impfungen – von den Gesundheitsämtern organisiert. Die Einrichtungen des Landes verfügten über Sanitätsstationen, zudem kämen regelmäßig Ärzte aus der Umgebung zu Sprechstunden, so Söbbeler.