Essen. Kommunen befürchten, auf steigenden Kosten sitzen zu bleiben, und klagen vor Gericht. Ministerin Löhrmann sagt: Mittel werden bei Bedarf aufgestockt.
Die Anstrengungen in den Kommunen sind gewaltig. Förderschulen werden geschlossen oder zusammengelegt, immer mehr Gymnasien auf die Anforderungen der Inklusion vorbereitet, Lehrer geschult. Offene Fragen gibt es auch nach dem ersten Jahr der beschlossenen Inklusion offenbar jede Menge. Etwa, wie man Förderschüler in das bestehende G8-System integrieren kann. Hier gibt es tatsächlich in NRW und anderen Bundesländern kaum Praxiserfahrung, so dass sich „die konzeptionellen Überlegungen dazu derzeit noch in einem Prozess befinden“, heißt es dazu aus dem NRW-Schulministerium. Die Umsetzung des Inklusionsgesetzes gleicht offenbar dem Fahren auf Sicht.
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Vielen Kommunen wurde das wohl zu heikel. Unter dem Aktenzeichen 8/15 ist am Verfassungsgerichtshof NRW in Münster eine Beschwerde von 52 Städten und Gemeinden gegen das Gesetz zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vermerkt. Damit wollen sich die Kommunen gegen die hohen Kosten wehren, die ihnen die Inklusion aufbürdet. Sollten diese weiter steigen und die Erstattung des Landes mit den Ausgaben nicht Schritt halten, könne die vorerst noch ruhende Klage jederzeit aktiviert werden, erklärt der Städte- und Gemeindebund.
35 Millionen vom Land
Bislang sind die Städte indes mit den Landeszuweisungen in etwa ausgekommen, ergab ein Gutachten ein Jahr nach Verabschiedung des Gesetzes. Danach war die Landesförderung für nötige Investitionen an Schulen (Korb I) – etwa für Barrierefreiheit – in Höhe von 25 Millionen Euro mehr als ausreichend. Die Städte haben demnach im vergangenen Jahr davon nur 8,6 Millionen Euro ausgegeben. Dennoch erklärte sich das Land bereit, „die erhebliche Überzahlung“ nicht zurückzufordern.
Im zweiten Korb befinden sich zehn Millionen Euro für das benötigte „pädagogische Assistenzpersonal“ an den Schulen. Diese Mittel wurden von den Kommunen hingegen komplett ausgeschöpft. Sie befürchten nun, dass diese Personalkosten in Zukunft drastisch ansteigen werden und das Land sie auf den Kosten sitzen lässt. Weil die Einspruchsfrist gegen das Gesetz Ende Juli ablief, klagten die Städte auf den letzten Drücker jetzt vorsorglich in Münster.
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„Viele Kommunen haben sich im ersten Jahr der Inklusion mit den Investitionen noch stark zurückgehalten“, erklärt Martin Lehrer vom Städte- und Gemeindebund NRW. „Im zweiten Jahr der Inklusion werden die Kosten aber steigen“, denn jetzt beginne der Ausbau der schulischen Inklusion erst richtig. Eine Sicherheit, dass das Land auch die steigenden Kosten ausgleiche, hätten die Kommunen aber nicht.
Gesetzliche Zusage für fünf Jahre
Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) ist über den Gang der Kommunen vor den Verfassungsgerichtshof „irritiert“. Mit der Klage habe der „Städte- und Gemeindebund als einziger kommunaler Spitzenverband den erzielten Konsens über den Belastungsausgleich einseitig aufgekündigt“.
Das Ministerium verweist darauf, dass die Ausgleichszahlungen bislang den Aufwand der Städte mehr als ausgeglichen hätten. Löhrmann: „Die Koalition hat ihre Zusage für fünf Jahre gesetzlich abgesichert und bekräftigt, nachzusteuern und Mittel bei Bedarf aufzustocken.“ Umso unverständlicher sei nun die Kehrtwende.