Berlin. . Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag das Betreuungsgeld gekippt. Doch die Leistung läuft nicht direkt aus - es gibt einen Bestandsschutz.
Das Betreuungsgeld ist Geschichte – der Streit um Familienförderung geht in eine neue Runde: Kaum hat das Bundesverfassungsgericht die umstrittene 150-Euro-Prämie für Eltern, die ihre Kleinkinder nicht in die Kita schicken, gekippt, ringen Länder und Parteien um die Verteilung der frei werdenden Millionen. Einig sind sich die meisten nur darüber: Wer jetzt Betreuungsgeld bekommt, dem wird es auch weiter gezahlt.
Wie lautet die Urteilsbegründung?
Die obersten Richter haben erklärt, dass sie das 2013 auf Betreiben der CSU eingeführte Betreuungsgeld für verfassungswidrig halten – aus formalen Gründen: Nicht der Bund, sondern die Länder seien zuständig für ein Betreuungsgeld. Die 150-Euro-Prämie diene weder der Herstellung gleicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet, noch ließe sich damit ein selbst geschaffener Betreuungsplatz finanzieren.
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Der bloße politische Wille, die Erziehungsleistung von Eltern anzuerkennen, könne eine bundesgesetzliche Regelung nicht begründen. Geklagt hatte das SPD-geführte Hamburg. Landeschef Olaf Scholz sagte, die Entscheidung sei eine gute Botschaft für den Föderalismus. Und sie sei „eine gute Botschaft für die Entwicklung der Kinderbetreuung und die Gleichstellung in unserem Land.“
Was heißt das Urteil für die Eltern?
Eltern, die bereits Betreuungsgeld beziehen oder einen positiven Bescheid haben, können mit einem Bestandschutz rechnen. Die Richter hatten dem Gesetzgeber freigestellt, Übergangsregelungen zu schaffen. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) kündigte gestern an, sie werde nach einer Lösung suchen, „damit Familien, die das Betreuungsgeld bereits beziehen, es bis zum Ende bekommen“. Auch NRW-Familienministerin Ute Schäfer will, dass alle Eltern, die jetzt schon einen Bescheid haben, auch Geld bekommen. Es müsse Vertrauensschutz gelten. Im Ergebnis hieße das: Das jeweils für höchstens 22 Monate gewährte Betreuungsgeld läuft in den nächsten zwei Jahren langsam aus. In NRW wurde die zuständige Behörde gestern angewiesen, keine weiteren Anträge mehr zu bearbeiten.
An Rhein und Ruhr beziehen mehr als 106 000 Eltern Betreuungsgeld – so viele wie in keinem anderen Bundesland. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl ist die Beliebtheit der Prämie in Bayern aber deutlich höher: Hier bekommen 73 Prozent der Eltern von ein- und zweijährigen Kindern die 150-Euro-Leistung.
Wie reagiert die CSU?
„Es ist schade“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer nach der Urteilsverkündung in Karlsruhe. Für die Familien in Bayern werde sich dadurch aber nichts ändern: „Bayern wird das Betreuungsgeld fortführen.“ Die Landesregierung erwarte jetzt, „dass der Bund den Ländern das Geld zur Verfügung stellt“.
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Was sagen die anderen Länder?
Die rot-grünen Regierungen in Niedersachsen und NRW wollen kein Landesbetreuungsgeld einführen, auch Berlin, Hamburg und Thüringen wollen die Prämie nicht weiterzahlen. Hessen und Sachsen forderten aber ihren Anteil aus dem Bundestopf, um das Geld an die Familien weitergeben zu können.
Was passiert in Zukunft mit den frei werdenden Millionen?
Familienministerin Schwesig will wie viele ihrer Länderkollegen, dass die Mittel weiter Familien zugute kommen, „zum Beispiel durch eine verbesserte Kinderbetreuung“. Die Entscheidung darüber liegt aber nicht bei ihr allein: Aktuell werden die 900 Millionen Euro für das Betreuungsgeld von allen Ministerien gemeinsam getragen, bei einem Wegfall der Prämie hätte daher Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Zugriff auf die Millionen. Schwesig fährt deshalb schon mal die Geschütze auf: „Das Geld darf nicht im Haushalt des Bundesfinanzministeriums versickern.“
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Aus der Union kam prompt Gegenwehr: „Wir werden nicht einfach das Geld Frau Schwesig geben mit der Bitte, damit irgendwas zu machen“, sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber.
Grüne und Linke dagegen sind mit der SPD einig, dass die Millionen in Bildungs- und Betreuungsangebote fließen sollen: Grünen-Fraktionsvize Katja Dörner forderte, die Bundesregierung müsse die frei werdenden Mittel in die Kita-Qualität investieren. Auch Linken-Fraktionsvize Cornelia Möhring hofft, dass die Regierung die Millionen „nun endlich sinnvoll in Betreuungsinfrastruktur umwidmet“