München. . Weiterer Rückschlag im NSU-Prozess: Drei Verteidiger von Beate Zschäpe wollen ihr Mandat niederlegen. Der Prozess droht damit zu platzen.

Nach mehr als 200 Verhandlungstagen im NSU-Prozess will das komplette alte Verteidigerteam der Hauptangeklagten Beate Zschäpe aufgeben. Gleich zu Beginn des 219. Verhandlungstages beantragte Anwalt Wolfgang Heer die Aufhebung seiner Bestellung zum Pflichtverteidiger.

Er habe sich diesen Schritt „reiflich überlegt“, sagte er vor dem Oberlandesgericht in München, auch weil er als Verteidiger eine „verfahrenssichernde Funktion“ besitze. Allerdings stehe am Ende die Verantwortung für einen ordnungsgemäßen Verlauf des Prozesses „nicht im Vordergrund“, wenn eine Verteidigung „nicht optimal möglich“ sei. Dies sei aber hier der Fall.

Anwalt Heer nannte keine konkreten Gründe für Antrag

Heer wollte sich nicht zu den konkreten Gründen seines Antrags äußern. Dies verbiete die Schweigepflicht, von der er durch seine Mandantin nicht entbunden worden sei. Allerdings deutete er an, dass aus seiner Sicht der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts nicht ausreichend dafür gesorgt habe, dass er seine Rechte als Verteidiger voll nutzen konnte. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl habe „alle Warnungen“ von ihm „in den Wind“ geschlagen, sagte Heer allgemein.

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Anwalt Wolfgang Stahl schloss sich dem Antrag seines Kollegen Heer an. Es sehe sich nicht mehr in der Lage, eine „ordnungsgemäße“ Verteidigung zu gewährleisten, sagte er. Ähnlich äußerte sich auch Verteidigerin Anja Sturm. „Meine Verteidigung ist mir in meiner Person lege artis nicht möglich“, sagte sie. Es lägen „entsprechende Gründe“ dafür vor, die sie aber mit Verweis auf die Schweigepflicht ebenfalls nicht nennen könne.

Richter Götzl stellte daraufhin fest, dass er keinerlei Begründung für den Antrag gehört habe. Die Strafprozessordnung sieht „wichtige Gründe“ für einen solchen Schritt vor. Prozessbeobachter geben den Anträgen wenige Chancen, auch weil dann wohl der NSU-Prozess nach über zwei Jahren geplatzt wäre.

Vierter Verteidiger erst vor Kurzem zugelassen

Zuvor waren bereits zwei Versuche Zschäpes gescheitert, ihre Anwälte loszuwerden. So hatte sie bereits im Sommer 2014 den Antrag gestellt, Heer, Stahl und Sturm von ihren Mandaten zu entbinden. Dies hatte das Gericht genauso abgelehnt wie den Antrag vor wenigen Wochen, Anja Sturm als Verteidigerin zu entlassen. Zuletzt hatte der Strafsenat den Münchner Anwalt Mathias Grasel als vierten Pflichtverteidiger zugelassen.