München. Mit den alten Anwälten ist sie durch, der neue wird angelächelt: Beate Zschäpe hat ihre Verteidigung umsortiert. Doch eins bleibt: Sie sagt nicht aus.

Ein klares „nein“ kommt von Mathias Grasel auf die Frage, ob Beate Zschäpe jetzt im NSU-Prozess aussagen werde. Die Verteidigungsstrategie werde vorerst nicht geändert. Mit diesen Sätzen zerstört nach dem schnellen Ende des 216. Verhandlungstages im NSU-Prozess der neue Verteidiger der 40-Jährigen Hoffnungen auf ihre Aussage. Der 30-jährige Anwalt war am Montag vom Gericht zum vierten Pflichtverteidiger der mutmaßlichen Rechtsterroristin bestellt worden.

Mathias Grasel ist neuer Anwalt von Beate Zschäpe. (Foto: dpa)
Mathias Grasel ist neuer Anwalt von Beate Zschäpe. (Foto: dpa)

Während sich der Anwalt nach dem Ende des Verhandlungstags den Kameras und Reportern stellt, stehen Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl etwas abseits vor dem Eingang zum Gerichtsgebäude und beobachten die Szene. Sie hatten sich bisher nie so offensiv den Journalisten in diesem Verfahren gestellt. Der Münchner Anwalt, mit dem sie nun ein Team bilden sollen, wirkt zumindest an seinem ersten Tag wie ihr Gegenentwurf.

Und er lässt die Antwort auf die Frage, ob die Verteidiger als Team zusammenarbeiten werden, offen. Das würden die kommenden Gespräche ergeben. Er müsse sich erst einmal in rund 50 Gigabyte Daten einarbeiten, die ihm vom Gericht als Prozessakten übergeben wurden. Dabei werde er sich auf die künftigen Verhandlungstage im NSU-Prozess konzentrieren, nicht so sehr auf die Vergangenheit. Trotz des fortgeschrittenen Verfahrensstandes sehe er noch Chancen, Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens zu nehmen.

Beate Zschäpe lächelt auffällig, gestikuliert

Grasel kann es als ersten kleinen Erfolg verbuchen, als das Gericht am Dienstag teilweise seinem Antrag auf Unterbrechung der Verhandlung folgt, um ihm die Möglichkeit zu geben, sich einzuarbeiten. Denn erst mit seiner Beiordnung zum Pflichtverteidiger am Montag bekam er auch die Prozessakten. Der Anwalt beantragt dafür drei Wochen Unterbrechung. Das Gericht gewährt ihm letztlich fünf Tage, mit dem Verweis, dass im August das Verfahren für die Sommerpause und im September noch einmal für elf Tage ohnehin unterbrochen werde.

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Beate Zschäpe ist die Zufriedenheit über Mathias Grasel als ihren vierten Verteidiger anzusehen. Sie lächelt auffällig, redet intensiv in einer Pause auf den 30-Jährigen ein, benutzt dafür auch ihre Hände und die Augen. Das Gespräch wirkt sehr vertraulich. Seit Monaten hat sie keine solch intensive Unterhaltung mehr im Gerichtssaal mit ihren Verteidigern geführt. Es ist die Pause nach dem Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens. Bundesanwalt Herbert Diemer hält die geforderte Unterbrechung für nicht erforderlich, erklärt er in einer ersten Stellungnahme vor Gericht. Zeigt sich später aber zufrieden mit der Entscheidung des Gerichts.

Zu Beginn des Verhandlungstages wirkt Beate Zschäpe aber noch genervt, als sie aus ihrer Zelle in den Schurgerichtssaal geführt wird. Sie konzentriert sich nur auf Mathias Grasel. Ignoriert ihre drei anderen Verteidiger. Denn die vier Anwälte versuchten vor Verhandlungsbeginn die neue Sitzordnung auf der Anklagebank zu klären. Diese dürfte zugleich viel über die künftige Hackordnung aussagen.

Sturm, Stahl und Heer räumen das Feld nicht ohne Widerstand

Ungewöhnlich zeitig beteten Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl am Morgen das Gericht. und nehmen wie gewohnt ihre Plätze auf der Anklagebank ein. Sie wollen das Feld nicht ohne Widerstand räumen, das verdeutlicht diese Geste. Grasel kommt eine Viertelstunde vor Verhandlungsbeginn. Geht auf Wolfgang Stahl zu, reicht ihm die Hand und begrüßt per Handschlag auch Wolfgang Heer. Rechtsanwältin Sturm ignoriert er. Stattdessen entwickelt sich ein Gespräch zwischen den drei Herren.

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Augenscheinlich ist die Sitzordnung der Streitpunkt. Zu verstehen ist von der Zuschauertribüne aus nichts, aber Gesten und Gesichter sprechen für sich. Erst einmal muss der neue Anwalt ganz außen, mit dem größten Abstand zur Richterbank, Platz nehmen. Bald darauf verschwinden die drei Anwälte im Zellentrakt des Gerichts. Dort ist Beate Zschäpe untergebracht. Anja Sturm bleibt draußen.

Die Sitzordnung ist erst einmal alles

Die Anwältin, die Beate Zschäpe im Vormonat loswerden wollte, sitzt allein auf der Anklagebank. Erst als die drei Männer zurückkommen, verschwinden Heer und Stahl mit ihr erneut nach draußen. Offenbar um sich kurz zu beraten. Danach steht die neue Sitzordnung fest. Die Angeklagte wird zwischen ihrem neuen Anwalt und neben Wolfgang Stahl weiter weg von der Richterbank sitzen. Wolfgang Heer konnte seine Position in Nähe des Gerichts behaupten. Anja Sturm erhält den Platz neben ihm.

Das Verteidigerteam hat jetzt eine Woche Zeit, sich zu finden. Die drei Verhandlungstage in dieser Woche wurden abgesetzt, die Zeugen wieder nach Hause geschickt oder abgeladen. Außerdem fallen noch jeweils die Donnerstage in den letzten beiden Juli-Wochen weg. Ob ein vierter Anwalt wirklich eine Stärkung für die Zschäpe-Verteidigung bedeutet, müssen die kommenden Prozesswochen zeigen. Ab nächsten Dienstag bieten sich dafür ausreichend Gelegenheiten.