Brüssel. . Der neue griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos ist ohne neue Sparvorschläge beimTreffen der Euro-Finanzminister in Brüssel angereist. Athen will aber weitere Hilfen beantragen.

Der neue Mann sagt erstmal nichts. Freundlich lächelnd, aber stumm huscht Euklid Tsakalotos am Mittag ins Brüsseler „Lex“-Gebäude, wo er mit den Kollegen Finanzministern aus der Euro-Zone zusammentreffen soll. Keine 24 Stunden sind vergangen seit seiner Ernennung zum Nachfolger des redefreudigen Yanis Varoufakis, den sie in diesem Kreis vor die Tür gesetzt haben, weil ihn keiner mehr hören mochte.

Tsakalotos, auch er ein linker Ökonomie-Professor, war Delegationschef in den Verhandlungen mit den Gläubiger-Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds. „Ein Mann, der um seine Verantwortung weiß“, meint EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici.

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Tsakalotos gilt als kompetent und verbindlich. Starke Töne wie beim eitlen Varoufakis sind seine Sache nicht. Aber, sagt Moscovici, „hier geht es nicht nur um die Tonlage. Die Hauptsache ist, welche neuen Vorschläge auf den Tisch kommen.“ Die bleibt der Kollege aus Athen zunächst schuldig.

Keine neuen Vorschläge

„Er hat uns keine neuen Vorschläge präsentiert“, berichtet Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Ein Antrag auf Kredite aus dem Nothilfe-Fonds ESM solle aber „bis Mittwoch“ folgen. Unter diesen Umständen werde sich der Abend-Gipfel „noch kein abschließendes Bild“ machen können, sagt Kanzlerin Angela Merkel. Es bleibe aber bei dem Prinzip, dass europäische Solidarität nur gegen nationale Eigenleistung zu haben sei. Mehr ist zunächst auch vom griechischen Premier Alexis Tsipras nicht zu erfahren. Er strahlt und schweigt.

Dabei ist die Ausgangssituation völlig verfahren. Einerseits sind Tsipras und Tsakalotos strahlende Sieger. Ihre Syriza-Partei hat beim Referendum am Sonntag breite Unterstützung bekommen, die Bedingungen der Euro-Partner für weitere Hilfen abzulehnen. Andererseits steht ihnen das Wasser bis zu Hals: Griechenland ist so gut wie pleite und rutscht immer schneller Richtung Ausgang der Währungsunion – was die große Mehrheit der Griechen auf keinen Fall will. „Wie kann man diesen offenkundigen Widerspruch überbrücken?“ Das fragt sich nicht nur der luxemburgische Finanzminister Pierre Gramegna.

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Manche seiner Kollegen haben präzise Vorstellungen, was jedenfalls nicht geht. „Schuldenschnitt“ etwa, das Lieblingsthema von Varoufakis und ein Reizwort für Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU): „Wer die europäischen Verträge kennt, weiß, dass Schuldenschnitt unter das Bail-Out-Verbot (Haftungsausschluss) fällt“, sagt er. Auch für den slowakischen Finanzminister Peter Kazimir verläuft hier „eine absolut rote Linie“.

Unter strikten Bedingungen

Allenfalls denkbar wäre ein „Reprofiling“ – Umschuldung mit längeren Fristen und niedrigeren Zinsen. Damit wäre freilich der akut drohende finanzielle Kollaps nicht abgewendet, nach Ansicht des finnischen Finanzministers Alexander Stubb das Problem Nummer eins. Ein eigenes Rezept hat Stubb nicht. Wohl aber Zahlen, um die Grenzen der finnischen Hilfsbereitschaft zu illustrieren. Mehr als fünf Milliarden Euro habe sein Land mittlerweile in die Rettung Griechenlands gesteckt. Das entspreche einem Zehntel des Haushalts. Weitere Solidarität? „Die Tür für Verhandlungen bleibt offen – aber unter strikten Bedingungen.“

Damit wird das finale Scheitern ein immer wahrscheinlicheres Szenario. Für Valdis Dombrovskis, Vize von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, ist jedenfalls der Grexit nicht so tabu wie für seinen Chef: „Wenn das Vertrauen nicht wieder aufgebaut und ein glaubwürdiges Reform-Paket vorgelegt wird, kann man das nicht ausschließen.“