Athen/Berlin/Brüssel. Mit reichlich Rückenwind dürfte Griechenlands Regierungschef Tsipras beim Sondergipfel in Brüssel auftreten. Es stehen neue Gespräche über einen Weg aus dem Schulden-Schlamassel an - allerdings ohne die große Reizfigur aus Athen.
Griechenland will mit den Euro-Partnern beim Sondergipfel am Dienstag in Brüssel auch über eine Umschuldung verhandeln. Auf diese in der Eurogruppe höchst umstrittene Forderung verständigte sich Ministerpräsident Alexis Tsipras bei einem Treffen mit der Opposition.
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Zuvor hatte Tsipras Kanzlerin Angela Merkel am Telefon versprochen, in Brüssel neue Vorschläge zu präsentieren. Trotz des Erfolgs beim Referendum über die Sparvorgaben trat der in der Eurogruppe isolierte griechische Finanzminister Gianis Varoufakis zurück.
Am Abend traf Merkel zu Gesprächen in Paris ein. Bei dem Treffen mit Präsident François Hollande wollte die Kanzlerin eine deutsch-französische Linie vor dem Euro-Gipfeltreffen abstimmen. "Beide sind sich darin einig, dass das Votum der griechischen Bürger zu respektieren ist", erklärte das Bundespresseamt zu dem Treffen.
Merkel ließ mitteilen, dass sie vorerst keine Basis für Verhandlungen zur Rettung der griechischen Staatsfinanzen sehe. Dem Treffen der Staats- und Regierungschefs aller 19 Euro-Länder am Dienstag ging eine intensive Krisen-Diplomatie in Europa voraus.
Bei einem Treffen mit den Finanzministern Polens und Frankreichs in Warschau betonte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), das Referendum habe die Situation "nicht leichter gemacht für Griechenland".
Banken in Griechenland auf jeden Fall bis Mittwoch dicht
Die griechischen Banken sollen nach einem Medienbericht für mindestens zwei weitere Tage bis Mittwochabend geschlossen bleiben. Die Regierung in Athen habe entsprechende Pläne mit den Banken des Landes abgesprochen, hieß es.
Wegen des schweren Liquiditätsproblems gelten seit vergangener Woche sogenannte Kapitalverkehrskontrollen. Pro Konto können täglich höchstens 60 Euro abgehoben werden Überweisungen ins Ausland sind nur nach einer Genehmigung der Zentralbank möglich.
In Athen sagte Varoufakis zu seinem Rücktritt, dieser Schritt könne Regierungschef Tsipras vielleicht helfen, eine Vereinbarung mit den Geldgebern zu erzielen. "Aus diesem Grund verlasse ich das Finanzministerium heute."
Am Abend wurde der bisherige Vize-Außenminister Euklides Tsakalotos als neuer Finanzminister benannt. Tsakalotos hatte seit April auf griechischer Seite die Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern geführt.
Frische Ansätze zur Lösung der Krise gefordert
Bei der Volksabstimmung über die Sparvorgaben der Gläubiger hatten am Sonntag 61,31 Prozent der Wähler mit "Nein" und 38,69 Prozent mit "Ja" votiert, wie das Innenministerium in Athen mitteilte. Tspiras verlangte nach diesem Ergebnis Zugeständnisse der Gläubiger. Er betonte in einer Fernsehansprache aber auch, sein Land sei zu Reformen bereit.
Nach Ansicht der Bundesregierung muss nun erkundet werden, wie den griechischen Bürgern zu helfen wäre. "Bei alledem wird es sehr darauf ankommen, welche Vorschläge die griechische Regierung auf den Tisch legt", sagte Merkels Sprecher Steffen Seibert.
Auch die Regierungen in Paris, Rom und Wien sowie die Euro-Finanzminister insgesamt forderten von Athen frische Ansätze zur Lösung der Krise. Der französische Ressortchef Michel Sapin signalisierte Bereitschaft, über eine Verminderung der griechischen Schuldenlast zu verhandeln.
Gabriel verlangt mehr Bewegung von Athen
Der deutsche Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel verlangte mehr Bewegung von Athen. "Wenn Griechenland im Euro bleiben will, muss die griechische Regierung schnell ein substanzielles Angebot machen, das über ihre bisherige Bereitschaft hinausgeht", sagte Gabriel in Berlin. Der slowakische Finanzminister Peter Kazimir warnte davor, dass Athen aufgrund des Referendums nun "leichter an Geld komme". Auch Estland, Lettland und Litauen äußerten sich kritisch.
Griechen jubeln über Referendum
Fünf Stunden vor dem Sondergipfel in Brüssel sollen sich dort auch die Euro-Finanzminister treffen. Sie können die EU-Kommission beauftragen, mit Athen über ein neues Hilfsprogramm zu verhandeln. "Falls alle Seiten ernsthaft arbeiten, ist es möglich, eine Lösung in dieser sehr komplizierten Lage zu finden", sagte der für den Euro verantwortliche Kommissionsvizechef Valdis Dombrovskis in Brüssel.
Der Euro machte am Tag nach dem griechischen Referendum erste Kursverluste rasch und fast vollständig wieder wett. (dpa)