Dortmund/Essen. . Am Mittwoch drohte in der Erstaufnahmestelle in Dortmund ein Aufnahmestopp, weil sich dort 838 Flüchtlinge aufhielten. Es dürfen höchstens 350 sein.
Dortmund-Hacheney, der Tag danach. Das 60 000 Quadratmeter große Gelände der Erstaufnahme-Einrichtung (EAE) an der Glückaufsegenstraße liegt in der prallen Sonne, nur wenige Bäume spenden Schatten. Darunter: Menschen, die Schutz suchen. Auch vor der Hitze, viel mehr aber noch vor Konflikten und Kriegen, die sie aus ihrer Heimat fliehen ließen. Es sind viele, auch in Hacheney.
Doch das Bild, das sich am Donnerstag bietet, trügt: Die Ankunftsräume der Ausländerbehörde sind zwar voll, platzen aber lange nicht aus allen Nähten. Auch der Hof ist nicht merklich überfüllt. Etwa 400 Menschen halten sich um die Mittagszeit auf dem ehemaligen Schulgelände auf, schätzt Einrichtungsleiter Murat Sivri.
„Nicht zumutbare“ Umstände
Tags zuvor war das anders. „Viel voller“, sagt Rofia auf Englisch. Der ganze Hof sei voller Menschen gewesen. Die Ghanaerin ist viele Monate lang über unzählige Länder geflohen – vor der Zwangsheirat in ihrer Heimat. Jetzt ist sie bereits den vierten Tag in Dortmund – einige der wenigen, die länger hier bleibt. Grund: Sie ist ein „UMF“, ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. 1998 geboren, das zumindest sagt sie. Papiere, die das belegen könnten, hat sie keine. Ob ihre Angaben stimmen, das muss nun das Jugendamt überprüfen, erst dann entscheidet sich, wie und vor allem wohin es für Rofia geht.
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Auch Sivri spricht von „nicht zumutbaren“ Umständen am Mittwoch. 838 Flüchtlinge hielten sich auf dem Gelände auf, übernachteten „drinnen, draußen, da wo Platz war.“ Eigentlich dürfen es lediglich 300 sein, in Ausnahmefällen auch mal 350.
Aufnahmestopp erst in letzter Minute aufgehoben
Um 12 Uhr mittags hieß es daher: Aufnahmestopp ab 18 Uhr, keiner kommt mehr hinein. Eine Entwarnung folgte erst in letzter Minute: Die Bezirksregierung Arnsberg schaffte 300 zusätzliche Plätze in Hagen. „Die haben geholfen“, sagt Leiter Sivri. 100 weitere Plätze hätte es in Marl gegeben – die jedoch habe man schlussendlich nicht benötigt, so Frank Binder, Fachreferent für Flüchtlingsfragen und Asyl in Dortmund. Noch nicht.
Denn: Sämtliche Einrichtungen der Städte und des Landes sind inzwischen an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt. Das ganze System für die Aufnahme und Verteilung funktioniere derzeit nicht mehr, sagt Birgit Naujoks vom Flüchtlingsrat NRW.
Plätze in den Landeseinrichtungen sollen ausgebaut werden
Zuständig für die Unterbringung und die anschließende Verteilung der Menschen auf die Kommunen nach einem bestimmten Rechenschlüssel ist die Bezirksregierung Arnsberg. „Wir arbeiten fieberhaft daran, die Kapazitäten in den Landeseinrichtungen mit derzeit 11 000 Plätzen auszubauen“, sagt Christoph Söbbeler von der Bezirksregierung. Aber eine Situation wie am Mittwoch, als binnen weniger Stunden knapp 840 Menschen vor den Toren in Hacheney standen, könne man nicht vorhersehen, nicht planen, sagt Söbbeler. „Sie stehen vor der Tür und müssen versorgt werden.“ Mit Blick auf die nächsten Tage würden weitere Plätze in Willich, Bonn und Wuppertal geschaffen. Kasernen und Hotels in Hamm, Bielefeld und Echtrop würden hergerichtet, aber das dauert seine Zeit. Auch Jugendherbergen stehen ab Herbst bereit.
Allein im Juni hat Dortmund-Hacheney mehr als 11 600 Menschen aufgenommen. Kamen im gesamten letzten Jahr 40 000 Asylsuchende nach NRW, waren es nach Angeben des Innenministeriums bereits im ersten Halbjahr 2015 mehr als 43 000 – eine glatte Verdoppelung.
Bringt Unna-Massen etwas Entspannung?
Etwas Entspannung könnte die neue Erstaufnahmeeinrichtung in Unna-Massen bringen, die am Mittwoch geöffnet wurde. Sie ist mit 800 Plätzen nun eine der größten Erstaufnahmestellen im Land. Doch allen Beteiligten ist klar: Es werden mehr Menschen bei uns Schutz suchen.