Berlin. . Zur 'Versorgung' der Kämpfer soll die Terrormiliz IS laut Medien in Deutschland gezielt junge Frauen anwerben. Behörden sprechen von Mädchennetzwerk.
Junge Frauen werden gezielter und systematischer für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeworben als bislang bekannt. Das haben Recherchen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" ergeben. Laut Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz sind den deutschen Sicherheitsbehörden demnach inzwischen rund ein Dutzend Anwerberinnen bekannt, die Frauen aus Deutschland für den IS rekrutieren. Die Dunkelziffer sei noch höher.
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Dabei gibt es den Recherchen zufolge offenbar eine Zusammenarbeit von bereits nach Syrien und in den Irak ausgereisten Frauen und in Deutschland agierenden Unterstützerinnen. Ein internes Papier der deutschen Sicherheitsbehörden spreche von einem "Mädchennetzwerk". Die Anwerberinnen würden die Frauen nach erfolgreicher Rekrutierung unter anderem bei den Vorbereitungen für die Ausreise unterstützen und böten logistische Hilfe an.
Angeblich 700 Islamisten aus Deutschland waren oder sind für den IS im Kampf
In Syrien werden die Frauen bereits erwartet: Die Nachforschungen belegten, dass der Islamische Staat in der syrischen Metropole Raqqa ein schwerbewachtes Frauenhaus betreibe, meldet der Rechercheverbund. Mehrere Quellen hätten berichtet, ankommende Frauen würden dorthin gebracht, eingesperrt und ihren zukünftigen Ehemännern zugeführt.
Mit Überraschung registrieren die deutschen Sicherheitsbehörden, dass sich immer mehr junge Frauen aus Deutschland vom IS-Terror angezogen fühlen und dem Ruf des IS zum Dschihad in Syrien und im Irak gefolgt seien. Die Rede ist von bis dato etwa 600 Männern und gut 100 Frauen, davon seien über die Hälfte jünger als 25 Jahre, etwa 15 Prozent der Frauen seien sogar noch minderjährig.
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Offenbar hätten Rekrutierungsaktivitäten im Internet oder durch persönliche Kontakte eine verstärkte Anziehungskraft auf junge Frauen, sagt Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
IS-Rückkehrer machen Sicherheitsbehörden in Deutschland Sorge
Die Todesrate unter den deutschen IS-Unterstützern ist allerdings hoch: Rund hundert der Ausgereisten, also jeder Siebte, ist offenbar bereits in Syrien oder dem Irak ums Leben gekommen - ein kleinerer Teil auch bei Selbstmordattentaten. Die Hinweise auf Todesfälle seien zuletzt stark angestiegen, heißt es.
Sorgen bereitet den Sicherheitsbehörden auch die steigende Zahl von Rückkehrern: Rund ein Drittel der 700 in den Nahen Osten ausgereisten Islamisten ist bereits wieder nach Deutschland zurückgekommen. Von über 50 Personen wird angenommen, dass sie Kampferfahrungen gesammelt haben - und dementsprechend in besonderem Maß eine Bedrohung auch in Deutschland darstellen.
Zu der inzwischen immer komplexeren Bedrohungslage zähle aber auch, dass hierzulande die Salafisten-Szene weiter wächst. Der radikalislamischen Gruppe werden jetzt schon 7500 Männer und Frauen zugerechnet, 500 mehr als noch zu Jahresanfang. Aus dem Salafisten-Milieu rekrutieren sich viele der IS-Anhänger, die von Deutschland in den Dschihad ziehen, doch gilt die Szene auch als Nährboden für potenzielle Attentäter in Deutschland. (WE, mit dpa)