Berlin. In der Schuldenkrise Griechenlands verrinnt die Zeit. Die Staatspleite rückt näher. Noch ist eine Einigung möglich, betonte Kanzlerin Angela Merkel.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die griechische Regierung aufgefordert, den Weg für eine Einigung mit den internationalen Geldgebern freizumachen. "Ich bin unverändert davon überzeugt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Wenn die politisch Verantwortlichen in Griechenland diesen Willen aufbringen, dann ist eine Einigung mit den drei Institutionen immer noch möglich", sagte Merkel am Donnerstag im Bundestag in einer Regierungserklärung zum bevorstehenden EU-Gipfel. Dies wäre die Grundlage für Entscheidungen der Euro-Gruppe und im Bundestag.

Merkel: "Europa ist robuster geworden"

"Die Bemühungen Deutschlands sind darauf gerichtet, dass Griechenland in der Euro-Zone bleibt", bekräftigte Merkel. Zugleich machte die Kanzlerin deutlich, dass die Euro-Zone inzwischen gestärkt sei. Europa werde heute ganz anders mit der Lage in Griechenland fertig, als es vor fünf Jahren der Fall gewesen wäre: "Europa ist also unstrittig robuster geworden."

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Dies liege auch daran, dass man immer das Ganze im Blick habe - die Währungsunion. Es müsse beachtet werden, was den Euro robuster gegen Krisen gemacht habe: Reformen nach dem Prinzip Leistungen gegen Gegenleistung, Solidarität gegen Eigenverantwortung. Zudem sei der Euro immer weit mehr als nur eine Währung. Alle Schritte müssten daher stets sehr genau überlegt werden, mahnte Merkel.

Länder wie Zypern "haben ihre Chancen" genutzt

Griechenland habe in den vergangenen fünf Jahren ein beispielloses Maß europäischer Solidarität erfahren. Spanien, Irland und Portugal hätten ihre Hilfsprogramme erfolgreich abgeschlossen und stünden wieder auf eigenen Beinen. Auch Zypern sei auf gutem Weg. "Diese Länder haben ihre Chancen genutzt." Auch Griechenland sei auf einem gutem Weg gewesen, habe aber Reformen immer wieder verschleppt. (dpa)

Wer rettet Griechenland ? - Viele offene Fragen bei Eurogruppe 

Die Euro-Finanzminister werden am Donnerstag erneut über die griechische Schuldenkrise beraten. Doch den 19 Chef-Kassenhütern wird es nach Einschätzung von EU-Topvertretern in Luxemburg kaum gelingen, die Blockade über griechische Reformen zu durchbrechen. Das ist ein großes Problem, denn das schon zweimal verlängerte Hilfsprogramm für das Krisenland läuft in knapp zwei Wochen aus.

Warum sind die Gespräche zwischen Geldgebern und griechischer Regierung blockiert?

Die Geldgeber sagen, sie hätten schon zahlreiche Zugeständnisse gemacht, beispielsweise beim sogenannten Primärüberschuss im Budget - dabei werden Zinszahlungen und Tilgungen ausgeblendet. Der Primärüberschuss ist ein zentraler Wert bei der Haushaltssanierung. Angepeilt wird jetzt ein Prozent der Wirtschaftsleistung für 2015. Die Geldgeber fordern weitere Reformen, beispielsweise bei den Renten. Doch Athen will sich nicht mehr bewegen; die Links-Rechts-Regierung von Premier Alexis Tsipras lehnt ein Fortsetzen der Sparpolitik ab.

Bei einer Blockade kann also nicht über weitere Milliardenhilfen entschieden werden?

Es geht bei dem Treffen um eine "Bestandsaufnahme" und "Vorgaben für die weitere Arbeit" - grundlegende Beschlüsse sind in der Tat nicht geplant.

Wer soll dann entscheiden?

In den EU-Institutionen gibt es die Erwartung, dass der Streit auf der "Chefebene" gelöst werden muss. Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident François Hollande hatten ja schon mehrfach die Initiative ergriffen, um Schaden von der gesamten Eurozone abzuwenden. Erst in der zurückliegenden Woche hatten sie in Brüssel am Rande des EU-Lateinamerika-Gipfels ein Treffen mit Tsipras.

Griechenland als Chefsache - wie soll das aussehen?

Anfang der Woche wurde über einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der Euroländer debattiert, möglicherweise schon an diesem Wochenende. Ob es tatsächlich solch ein Treffen geben wird, ist offen. Es hänge auch von den Ereignissen der nächsten Tage ab, berichten Diplomaten. Insider meinen, ein Telefonanruf von Tsipras bei Kanzlerin Merkel könne die Lage merklich entspannen und den Weg zu einem Kompromiss ebnen.

Es gibt eine neue Debatte um hohe griechische Verteidigungsausgaben?

Die EU-Kommission sprach das Thema öffentlich an. Die Behörde sieht Spielraum für eine Senkung - damit könnte Athen ungeliebte Erhöhungen bei der Mehrwertsteuer vermeiden. Griechenland kam 2013 auf Verteidigungsausgaben von 2,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das Krisenland wird in der EU bei diesem Wert nur von Großbritannien übertroffen, das auf 2,4 Prozent kommt. Deutschland erreicht gerade mal 1,3 Prozent.

Gibt es Vorbereitungen für eine Staatspleite in Athen?

Unter den Mitgliedstaaten werden Notfallszenarien wie eine Staatspleite, ein Austritt Griechenlands aus dem Eurogebiet oder Kapitalverkehrskontrollen debattiert. Das Problem dabei ist, dass es keinen Musterfall gibt. In den EU-Verträgen ist ein Austritt aus dem gemeinsamen Währungsgebiet nicht vorgesehen. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sagt: "Unser Szenario ist: Griechenland bleibt mit Reformen im Euroraum." (dpa)