Essen. . Mit seiner Umwelt-Enzyklika setzt der Papst einen politischen Markstein. Es wäre nicht der erste – aber vor der Weltklimakonferenz der bestplazierte.

Hatte Papst Franziskus bisher vor allem die soziale Frage in den Vordergrund gestellt, so will er nun auch beim Thema Umwelt einen Markstein setzen: Für Donnerstag ist seine Enzyklika „Laudato si“ ("Gelobt seist Du") angekündigt. Es soll um Klimawandel, Ausbeutung der Erde, Umweltverschmutzung gehen. Damit setzt Franziskus ganz bewusst ein politisches Zeichen – der Veröffentlichungstermin wenige Monate vor der Weltklimakonferenz in Paris dürfte alles andere als Zufall sein.

Franziskus will Klartext reden: Schont die Schöpfung!

Der Pontifex will die weltweite Politik zu einem schonenderen Umgang mit der Schöpfung drängen. Und: Franziskus will Klartext reden. Er hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er von den dürftigen Ergebnissen des Klimagipfels in Peru Ende 2014 enttäuscht war. Damals sprach der Pontifex von einem „klaren, endgültigen und unaufschiebbaren ethischen Imperativ“, etwas zu tun bevor es zu spät sei.

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Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein Papst direkt in politische und gesellschaftliche Debatten einmischt. Und es wäre auch nicht das erste Mal, dass ein Papst mit einer entsprechenden Enzyklika weltweites Aufsehen erregte, wie ein Blick in die Geschichte zeigt.

Als Papst Benedikt XIV. 1740 mit „Ubi Primum“ die erste Enzyklika der Vatikan-Geschichte schrieb, ging es darin noch um die die Pflichten der Bischöfe und wie sie ihr Amt zu leiten hätten. Fünf Jahre später zog derselbe Papst in einem weiteren vatikanischen Rundschreiben gegen Wucherzinsen zu Felde. Die aus heutiger Sicht erste wirklich politische Enzyklika entwarf aber erst 1891 Leo XIII. mit seinem Schreiben „Rerum novarum“ (Über die neuen Dinge). Sie gilt als Antwort des Vatikan auf die industrielle Revolution in Europa.

Im Mittelpunkt des Papiers steht die Arbeiterfrage

Im Mittelpunkt des Papiers steht die Arbeiterfrage. Der Papst setzt sich mit den sozialen Verwerfungen seiner Zeit auseinander, beklagt die Armut der oft zu sklavenartiger Arbeit gezwungen Bevölkerung, wendet sich aber gleichzeitig gegen den Klassenkampf. Leo betont das Recht auf Privateigentum, mahnt aber auch die soziale Verpflichtung an, die daraus erwächst. Weitere zentrale Forderungen sind gerechte Löhne und staatlicher Schutz für Arbeitnehmer.

40 Jahre danach wird Pius XI „Rerum novarum“ fortschreiben – und dabei eine ganz besondere eigene Note setzen. Denn die Quintessenz der Pius-Enzyklika lautet ganz klar, es sei „unmöglich, gleichzeitig guter Katholik und wirklicher Sozialist zu sein“. Ein Satz, der das Verhältnis von Katholischer Kirche und den Regierungen des damaligen Ostblocks auf Jahrzehnte hinaus belastete. Es sollte dem polnischen Papst Johannes Paul II. vorbehalten sein, 1991 – also hundert Jahre nach Leo und inmitten des Untergangs der osteuropäischen Regime – in der Enzyklika „Centesimus annus“ mit dem Kommunismus abzurechnen.

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Eine gleich in mehrfacher Hinsicht einzigartige Enzyklika ist das Rundschreiben „Mit brennender Sorge“ von Papst Pius XI. aus dem Jahr 1937. Sie ist die einzige jemals auf Deutsch statt in Latein verfasste Enzyklika, sie wurden in einer geheimen Aktion über die Alpen nach Deutschland geschmuggelt und dort von einem Heer eingeweihter Mitarbeiter in die Pfarrhäuser verteilt. Denn der Inhalt bot politischen Zündstoff.

Pius geht mit Adolf Hitler und dem Nazi-Regime in dem Papier hart zu Gericht. Der NS-Kult wird darin als „Götzenkult“ und „Irrlehre“ gebrandmarkt, von einem „Vernichtungskampf“ gegen die Kirche ist die Rede. Der Papst greift den Personenkult um Hitler scharf an, nennt seine Anhänger „Wahnpropheten“. Auch wenn die Worte „Hitler“ und „Nationalsozialismus“ in dem Schreiben nicht vorkamen und das Thema Judenverfolgung gar nicht zur Sprache kam – solche Kritik, verlesen von Priestern auf Tausenden Kanzeln, brachte Hitler zum schäumen. Der „Führer“ ließ katholische Schulen und Klöster schließen, es kam zu Verhaftungen und Hausdurchsuchungen, Geistliche wurden mit zweifelhaften Anklagen vor Gericht gestellt.

Paul VI. und die Anti-Baby-Pille

Einen festen Platz in der Geschichte hat sich auch Papst Paul VI. gesichert – mit seinem Rundschreiben „Humanae vitae“ (Von der menschlichen Würde). Kernaussage: Die künstliche Empfängnisverhütung verstößt gegen die natürliche Ausrichtung der Sexualität auf die Fortpflanzung.

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Mitten im Jahr 1968, als auf den Straßen von Berlin, Paris und Rom die Studenten gegen bürgerlichen Mief und für freie Liebe demonstrieren, löst der Papst einen Sturm der Entrüstung aus, selbst in Teilen der Kirche. Der Papst bekommt den Beinamen „Pillen-Paule“. Seine Enzyklika brachte der Kirche einen erheblichen Verlust an Glaubwürdigkeit ein, mit dessen Folgen sie bis in die Tage von Papst Franziskus zu kämpfen hat.

Dessen anstehende Enzyklika „Laudato si“ ist übrigens nicht das erste Papier dieser Art, das sich mit dem Thema Umwelt befasst. Franziskus’ Vorgänger, Benedikt XVI., ging 2009 ausführlich in seiner Enzyklika „Caritas in veritate“ auf das Thema ein. Er mahnte, „die Erde den neuen Generationen in einem Zustand zu übergeben, so dass auch diese würdig auf ihr leben und sie weiter kultivieren können“. Zu einem Umdenken in der Politik führte Benedikts Aufruf nicht.