Sarajevo. Papst Franziskus hat bei einem Sarajevo-Besuch zur Versöhnung zwischen den Religionen aufgerufen - und beklagt die Heuchlerei der Mächtigen beklagt.
Papst Franziskus hat angesichts vieler bewaffneter Konflikte weltweit eine Aussöhnung zwischen den Religionen angemahnt. 20 Jahre nach dem Krieg in Bosnien sagte er am Samstag bei einem Besuch in der Hauptstadt Sarajevo: "Der interreligiöse Dialog ist hier wie überall in der Welt eine Voraussetzung für den Frieden. Er ist eine Pflicht für alle Gläubigen." Sarajevo war von 1992 an Schauplatz eines Krieges zwischen hauptsächlich muslimischen Bosniern, orthodoxen Serben und katholischen Kroaten.
Mit Blick auf die aktuellen Konflikte sagte der Papst: "Es ist eine Art dritter Weltkrieg, der stückweise geführt wird. Und im Bereich der globalen Kommunikation nimmt man ein Klima des Krieges wahr." Einige Menschen wollten dieses Klima absichtlich schüren und suchten den Zusammenstoß verschiedener Kulturen, fügte der 78-Jährige bei einer Messe vor etwa 65 000 Menschen im Olympiastadium von Sarajevo hinzu. Den Begriff "dritter Weltkrieg" hat der Papst schon mehrmals benutzt.
Papst: "Nie wieder Krieg!"
Manchen Mächtigen bescheinigte er eine Doppelmoral. "Wer vom Frieden spricht und den Krieg mit dem Verkauf von Waffen begünstigt, ist ein Heuchler."
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Krieg bedeute zerstörte Häuser, zerbrochene Leben, sagte der Papst. "Ihr kennt das zu gut, weil Ihr es gerade hier erlebt habt. ... Heute erhebt sich noch einmal aus dieser Stadt der Schrei des Volkes Gottes und aller Männer und Frauen guten Willens: Nie wieder Krieg!"
Im Bosnien-krieg kamen von 1992 bis 1995 rund 100 000 Menschen um. Weite Teile der Stadt wurden zerstört. Das Balkanland ist immer noch tief gespalten und hat große wirtschaftliche und soziale Probleme.
Streben in die EU
20 Jahre nach dem Krieg seien zwar Fortschritte erzielt worden, sagte Franziskus bei seinem Empfang beim Staatspräsidium des Landes. "Es ist jedoch wichtig, sich nicht mit dem zufriedenzugeben, was bisher verwirklicht wurde." Sarajevo sei das "Jerusalem Europas", sagte Franziskus, der nach seinen Worten als "Pilger des Friedens und des Dialogs" angereist war. Das Nebeneinander der Religionen verpflichte dazu, "immer neue Brücken zu bauen und die bestehenden zu pflegen". Die Politiker müssten die "ersten Diener ihrer Gemeinschaften sein" und die Grundrechte des Menschen wie Religionsfreiheit wahren.
Zentrales Thema bei Gesprächen mit dem Staatspräsidium - das aus Serben, Kroaten und Bosniern besteht - sei das Streben des Landes in die EU gewesen, sagte Papst-Sprecher Federico Lombardi. "Der Papst hat keine spezifische politische Befugnis, aber er hat gesagt, dass Bosnien-Herzegowina ein integraler Teil Europas ist."
Die Muslime sind mit rund 50 Prozent größte Bevölkerungsgruppe des Landes, gefolgt von Orthodoxen und Katholiken. Deren Zahl hat sich seit dem Krieg nach Angaben des Vatikans von 800 000 auf 400 000 halbiert. Volkszählungen ergaben dagegen, dass sich der Anteil der Kroaten, der in Bosnien-Herzegowina dem der Katholiken entspricht, seit 1991 von 17 auf 15 Prozent verringert hat. (dpa)