Bielefeld. . Beim Parteitag stellten die Grünen ein neues Corporate-Design vor. Nur beim Thema Braunkohle setzen sie markige Worte: Der Ausstieg sei unverzichtbar.

Klare Linien, neue Anmutung, mehr Einheitlichkeit. Gleich zu Beginn des zweitägigen Landesparteitags der NRW-Grünen in Bielefeld wurde den 280 Delegierten das neue „Corporate-Design“ für alle Drucksachen der Regierungspartei näher gebracht. Das klassische grüne Sonnenblumen-Logo erscheint darin modern verfremdet – was irgendwie auch auf Debattierfreude und Querdenkertum durchgeschlagen haben muss.

NRW als "Land der Chancen und Gerechtigkeit"

Denn am Ende schaffte es der Parteitag, der eigenen Landesregierung nicht in einem einzigen Antrag einen klaren Arbeitsauftrag zu erteilen. Keine Kritik der Basis, keine mutigen Forderungen nach Düsseldorf. Stattdessen füllten allzu vertraute Appelle an die Große Koalition in Berlin die Redemanuskripte der Landesvorsitzenden Sven Lehmann und Mona Neubaur.

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Zudem applaudierten die Delegierten stehend dem Gastredner Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, der mit seiner Beschreibung einer Armutsrepublik Deutschland so frösteln ließ, dass man sich bei der Linkspartei wähnte. In einem Leitantrag beschworen die Grünen NRW als „Land der Chancen und Gerechtigkeit“, warnten vor einer Spaltung der Gesellschaft und warfen der Bundesregierung vor, die Armutsbekämpfung aufgegeben zu haben.

Knapp zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl wirken die NRW-Grünen zufrieden mit sich. Der Koalitionsvertrag mit der SPD scheint abgearbeitet, im Regierungsalltag ersetzen zunehmend Grußworte die Gesetzgebungsarbeit. „Wir ruhen uns auf unseren Erfolgen nicht aus“, versicherte Schulministerin Sylvia Löhrmann. Von nunmehr 25 Jahren im NRW-Landtag sind die Grünen bereits 15 Jahre in der Regierung, sie wollen es auch nach 2017 bleiben. Gerne mit der SPD, aber „Ausschließretis war gestern“, betonte Löhrmann.

Abschalten der alten Braunkohle-Kraftwerke gefordert

Ein möglicher Partner der Grünen ist also auch CDU-Oppositionsführer Armin Laschet, dessen Partei in Umfragen zurzeit klar vor der SPD von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft liegt. Doch in Bielefeld war gerade Laschet der Lieblingsgegner der Öko-Partei. Wegen seines Einsatzes für die heimische Braunkohle-Industrie nannte ihn der grüne Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer einen „Kohle-Ajatollah“. Die frühere NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn rief: „Zeigen wir Laschet die rote Karte.“ Löhrmann behauptete, er erinnere „immer mehr an Jürgen Rüttgers“.

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Allein der Streit um die Zukunft der Braunkohle hatte das Zeug, den müden Parteitag etwas in Wallung zu bringen. Während sich der aktuelle grüne Umweltminister Johannes Remmel bereits um eine technische Verständigung mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und der SPD mühte, warnte seine Amts-Vor-Vorgängerin Höhn vor einer pragmatischen „Instrumentendebatte“. Sie erntete vielmehr Beifall für ihre glasklare Ansage: „Die alten Methusalem-Kraftwerke können wir uns nicht mehr leisten. Wir müssen sie abschalten.“

Keine Lösung für wegfallende Arbeitsplätze in Sicht

Dass der RWE-Konzern mit der Braunkohle Geld verdienen muss, um seine enormen Abwicklungskosten der Kernenergie zu bezahlen, verfing bei den Grünen nicht. „Wir können nicht eine Altlast mit der nächsten finanzieren“, sagte Energieexperte Krischer. Man dürfe den Menschen im Rheinischen Revier nicht den Eindruck vermitteln, „dass ihre Arbeitsplätze zukunftsfähig wären“, stellte Löhrmann klar.

Wie sich die Grünen den Ausstieg aus dem heimischen Energieträger Braunkohle vorstellen, ohne dass in NRW Tausende Arbeitsplätze wegfallen, blieb in Bielefeld unausgesprochen. Am 13. September wird in 179 Städten und Kreisen in NRW ein neuer Bürgermeister, OB oder Landrat gewählt. Das ist nicht die Zeit, soziale Grausamkeiten als Preis für den Klimaschutz herauszustellen. Löhrmann blieb lieber allgemein: „Niemand soll ins Bergfreie fallen.“