Berlin. . Die Schweiz als Steuerparadies? Seit die Fahnder durch den Kauf von Bankdaten-CDs in der Vorhand sind, ist es für Steuerhinterzieher brenzlig.

„Fun, wild and sexy“ hieß das hübsche Motto der nächtlichen Beachparty am Strand von Teneriffa, als Francisco Bismarck-Ortiz, Ururenkel des Eisernen Kanzlers, 2011 seine Elisabet, eine Anwältin, heiratete. Die Mitglieder der Society kamen mal als Vogel Strauß verkleidet, auch mal in Lederhose. 400 Gäste tanzten zwischen Kamelen und Feuerschluckern in der kleinen Felsenbucht zwei Tage lang immer bis in den frühen Morgen. Gräfin Gunilla persönlich führte ihren Sohn zum Altar.

Die genannten Personen werden offiziell gesucht

Die adlige Sause ist möglicherweise mit Schwarzgeld bezahlt worden, mutmaßt seit jetzt die übrige Welt. Die Schweizer Finanzbehörden haben, völlig überraschend, hunderte von Namen samt Staatsangehörigkeit und Geburtsdatum ins Internet gestellt, wie die Zürcher „Sonntags Zeitung“ am Pfingstwochenende berichtete.

Auch interessant

Messing, Frank.jpg
Von Frank Meßing

Die im digitalen Bundesanzeiger genannten Personen werden offiziell gesucht, weil sie einen Anspruch auf Rechtshilfe in Ermittlungsverfahren haben, die die Schweiz wegen der inzwischen zahlreichen Abkommen über Steuerrechtshilfe mit anderen Staaten abgeschlossen hat.

Die Genannten könnten Steuern ihrer Heimatländer hinterzogen haben. Für sie gilt aber die Unschuldsvermutung. Die Schweizer Finanzbehörde ESTV fordert sie mit der Namensnennung auch nur auf, sich möglichst schnell zu melden. Es sei nicht möglich gewesen, ihnen den Schweizer Bescheid mit dem Rechtshilfehinweis zuzustellen, begründet die Regierung in Bern den ungewöhnlichen Vorgang . Alexandre Dumas von der ESTV sagt: Viele Länder ließen eine direkte Kontaktaufnahme nicht zu.

Dennoch wirkt die Veröffentlichung wie ein Pranger. Es ist überdies ein spektakulärer Bruch mit der bisher so peniblen alpenländischen Geheimhaltung in Steuerfragen. Kurios: In gleichem Internetschreiben werden die ausländischen Behörden aufgefordert, mit den in den Rechtshilfeverfahren erwähnten Daten vertraulich umzugehen. Und ausgerechnet die deutschen Namen stammen vielleicht aus den von deutschen Steuerfahndern aufgekauften Bank-CDs. Die sind nach Schweizer Absicht rechtswidrig beschafft worden.

Auch interessant

"Der Weg, den die Schweizer Steuerbehörde jetzt beschreitet, ist in der Tat speziell", sagt NRW Finanzminister Walter Borjans, "wenn die Schweiz Namen von Bundesbürgern im Zusammenhang mit möglichen steuerlichen Unregelmäßigkeiten nennt, müssen und werden unsere Behörden dem aber nachgehen."

“Innerhalb von zehn Tagen“ eine Schweizer Adresse melden

Die Liste wird von Amerikanern dominiert. Sie werden werden aber nur mit den ersten Buchstaben ihrer Vor- und Nachnamen genannt. Anders ist das bei den Gesuchten in der übrigen welt: In Korea und Indien, Lettland, Polen, Großbritannien oder bei den einigen Dutzend Deutschen, die freundlicherweise und “innerhalb von zehn Tagen“ eine Schweizer Adresse melden sollen, unter der das Poststück zugestellt werden kann.

Auch interessant

Ob jetzt Zug um Zug alle verdächtigen Steuersünder, die ihre Vermögen in der Schweiz untergebracht haben, auf diese Weise enttarnt werden, ist höchst fraglich. Nachdem die nordrhein-westfälischen Steuerbehörden 2008 angefangen haben, die Daten Zürcher oder Basler Großbanken aufzukaufen und damit Druck zu machen, ist auch ein neuer Ausweich-Boom zu beobachten. Steuerbetrüger versuchen offenbar, vorhandenes Vermögen auf Schweizer Konten in hochwertige Kunstwerke zu investieren und diese in rund 250 so genannte offene Zollfreilager der Alpenrepublik zu bringen, die nur selten behördlichen Kontrollen unterzogen sind. Nach Schätzungen sind hier schon Werte von 100 Milliarden Franken verstaut.

"Die neuerliche Unruhe derjenigen Steuerhinterzieher, die alle bisherigen Angebote zur Rückkehr zu gesetzestreuem Verhalten haben verstreichen lassen, ist nicht zu bedauern. In Deutschland gelten allerdings Steuergeheimnis und Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils. Das wird sich auch nicht ändern", so Walter Borjans.