Berlin. Der BND hat nach Medienberichten seine Kooperation mit dem US-Geheimdienst NSA zurückgefahren. Wie verhalten sich die USA jetzt in der Spionageaffäre? Helfen sie oder blockieren sie?
Als Reaktion auf die Spionageaffäre hat der Bundesnachrichtendienst nach einem Medienbericht die Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA drastisch eingeschränkt. Nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR werden seit Beginn dieser Woche in der Station in Bad Aibling keine Internet-Verkehre, die bislang an den US-Geheimdienst weitergeleitet wurden, mehr erfasst.
NSA will keine Begründungen für Spionage-Anfragen liefern
Wie es weiter heißt, habe der BND in Absprache mit dem Kanzleramt zuvor eine Forderung an die USA übermittelt: Zu jeder Person oder Institution, die die NSA an die Deutschen übermittelt hatten, müsse eine ausdrückliche Begründung für die Überwachung geliefert werden. Die Aufforderung sei eine Reaktion auf die jüngsten Enthüllungen gewesen, wonach der BND der NSA über Jahre geholfen haben soll, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen.
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Nach kurzer Prüfung habe die NSA erklärt, keine Begründungen liefern zu können. Dies sei in kurzer Zeit kaum möglich. Mit dem Ende der Internet-Erfassung würden im bayerischen Bad Aibling, wo 120 Mitarbeiter des BND sowie einige NSA-Techniker arbeiten, nur noch Fax-Verkehre und Telefongespräche abgefangen. Anders als bei Internet-Suchbegriffen habe die NSA hierfür bereits in der Vergangenheit eine Begründung für die geplante Überwachung liefern müssen, heißt es in diesem Bericht weiter.
BND half NSA wohl dabei, europäische Politiker auszuforschen
Der BND soll der NSA über Jahre geholfen haben, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen. Die NSA lieferte dem BND demnach für die Überwachung des Datenverkehrs in Bad Aibling viele Suchmerkmale wie Telefonnummern oder IP-Adressen von Computern, die gegen deutsche und europäische Interessen verstießen. 40 000 davon sortierte der BND nach eigenen Angaben über die Jahre aus. Mehrere Tausend unzulässiger Selektoren fielen aber erst in der aktiven Suche auf. Das Geheimdienst-Kontrollgremium und der NSA-Untersuchungsausschuss haben dringend Einsicht in die Liste mit den unzulässigen US-Spähzielen verlangt.
Am heutigen Donnerstag will der NSA-Untersuchungsausschuss mehrere BND-Mitarbeiter vernehmen. Die Abgeordneten wollen Details zu der Zusammenarbeit mit der NSA in der BND-Abhörstation in Bad Aibling erfahren.
Grüne: Regierung zieht "Notreißleine" bei BND/NSA-Kooperation
Der Grünen-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz, hat die starke Einschränkung der Zusammenarbeit des BND mit dem US-Geheimdienst NSA bestätigt. Das sei "auf jeden Fall ein drastischer Schritt", sagte er am Donnerstag im "ARD"-Morgenmagazin. "Ich glaube, es ist eine Notreißleine, weil man eben im Jahr 2015 diese Suchbegriffe für Internet-Verkehre immer noch nicht unter Kontrolle hat."
Von Notz sagte, die Einschränkung der Zusammenarbeit spreche dafür, "dass es ganz krasse Probleme gibt und dass die Bundesregierung bis heute, bis zum heutigen Tag deutsche und europäische Interessen nicht schützen konnte". Dies sei ein starkes Verstäumnis der vergangenen Jahre. Der Schritt komme viel zu spät, die Probleme seien schließlich seit 2013 bekannt.
Regierung erwartet baldige US-Antwort zu Späh-Listen
Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung erwartet die Bundesregierung in der Spionage-Affäre in Kürze eine Antwort der USA zum Umgang mit den Listen von US-Spähzielen. Noch in dieser Woche, spätestens jedoch Anfang kommender Woche werde klar sein, ob die Suchwort-Listen (Selektoren) dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) des Bundestags übergeben werden dürfen, wie das Blatt (Donnerstagausgabe) unter Berufung auf Geheimdienstkreise berichtete. Ob die Selektoren-Liste an die Vertreter des PKGr weitergegeben werden darf, werde derzeit mit einer Anfrage an den Stabschef des Weißen Hauses, Denis McDonough (45), geklärt.
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Die Regierungen in Berlin und Washington arbeiten auch als Reaktion auf die BND-NSA-Affäre an einer neuen Grundlage für die Zusammenarbeit der Geheimdienste beider Länder. Es gebe solche Gespräche, wurde der Deutschen Presse-Agentur ein entsprechender Bericht der "Rheinischen Post" (Donnerstag) bestätigt. Nach dpa-Informationen wird der Ausgang der Verhandlungen in der Bundesregierung allerdings als offen eingeschätzt.
Ähnliche Verhandlungen wurden bereits aufgenommen, nachdem 2013 bekanntgeworden war, dass die NSA jahrelang Merkels Handy abgehört hatte. Damals verliefen die Gespräche wegen der harten Haltung der US-Seite weitgehend im Sande. (dpa)