Bahn-Streik: Lokführer beginnen ihren Rekordstreik
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Berlin/Frankfurt. Ein neuer Bahnstreik droht den Verkehr in dieser Woche zu behindern: Die GDL will 138 Stunden lang streiken. Es drohen Ausfälle und Verspätungen.
Bahnstreiks im Personenverkehr beginnt am Dienstag
GDL-Lokführer wollen bis Sonntag streiken
Lokführer lehnen Schlichtung bisher ab
GDL-Chef Weselsky: ""Die Eskalation verursacht die Deutsche Bahn"
Bahn erarbeitet Notfallfahrplan
Die Deutsche Bahn bereitet sich auf den längsten Streik ihrer Unternehmensgeschichte vor. Die Lokführer wollen ab Montagnachmittag um 15 Uhr im Güterverkehr die Arbeit niederlegen. Die Personenzüge sollen ab Dienstag um 2 Uhr fünf Tage lang bis Sonntagmorgen deutschlandweit bestreikt werden. Die Bahn will Ersatzfahrpläne aufstellen. Reisende müssen sich dennoch auf Tage voller Zugausfälle und ungewisser Verbindungen einstellen. Eine Schlichtung des Tarifkonflikts ist weiter nicht in Sicht.
Weselsky macht Bahn für Ausstand verantwortlich
Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, machte die Bahn für den achten Ausstand in der laufenden Auseinandersetzung verantwortlich: "Die Eskalation verursacht die Deutsche Bahn AG", sagte er am Montag in Berlin. Der Arbeitgeber verhandele seit zehn Monaten, ohne ein Ergebnis zu wollen. "Einen Schritt vor, zwei zurück", sei die Strategie der Bahn.
Die Bahn werde alles unternehmen, um die Auswirkungen für ihre Kunden so gering wie möglich zu halten, hieß es. Dennoch müsse mit starken Beeinträchtigungen gerechnet werden. Beim jüngsten Streik im April waren im Fernverkehr zwei von drei Zügen und im Regionalverkehr etwa jeder zweite Zug ausgefallen.
GDL-Chef Weselsky will keine Schlichtung
Forderungen nach einer Schlichtung wies Weselsky erneut zurück: "Wir lassen nicht über Grundrechte schlichten." Der Einsatz eines externen Vermittlers sei nur bei Fragen wie Entgelt und Arbeitszeiten möglich. In den Gesprächen ging es bisher aber vor allem um Strukturfragen: Die GDL dringt darauf, auch für andere Berufsgruppen als Lokführer Tarifabschlüsse mit der Bahn aushandeln zu dürfen.
Scharfe Kritik an dem neuerlichen Streikaufruf kam aus der Wirtschaft. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer forderte die GDL auf, den angekündigten Ausstand sofort wieder abzusagen. "Der gesamten deutschen Wirtschaft drohen Schäden von täglich 100 Millionen Euro. Das Vorgehen der GDL ist verantwortungslos und vollkommen unverhältnismäßig", sagte Kramer.
Bahn hatte Lohnerhöhungen angeboten
Die GDL hatte am vergangenen Donnerstag das neue Tarifangebot der Bahn zurückgewiesen und einen weiteren, langen Arbeitskampf angekündigt. Die Bahn hatte angeboten, die Löhne sollten vom 1. Juli an in zwei Stufen um insgesamt 4,7 Prozent steigen. Dazu komme eine Einmalzahlung von insgesamt 1000 Euro bis zum 30. Juni.
Die GDL fordert für die Beschäftigten fünf Prozent mehr Geld und eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche. Ein Knackpunkt für die Gewerkschaft ist die Einstufung der Lokrangierführer im Tarifgefüge der Bahn. Sie kritisiert, die Bahn wolle diese Kollegen, die etwa für das Koppeln und Entkoppeln von Zügen zuständig sind, niedriger einstufen als Mitarbeiter auf der Strecke.
Verkehrsminister Dobrindt kritisiert Bahnstreik
Der Konflikt ist auch deshalb so schwierig, weil die GDL mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) um Einfluss im Konzern ringt. Zudem will die GDL einen Erfolg erzielen, bevor das kommende Tarifeinheitsgesetz der schwarz-roten Bundesregierung die Macht kleiner Gewerkschaften beschränkt.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) kritisierte den Streik. "Ich habe Verständnis dafür, dass viele Bürger über das Ausmaß verärgert sind", sagte Dobrindt der "Bild"-Zeitung (Montag).
Meinungen zum GDL-Streik
von foxtrott
"[…] Ich bin mittlerweile der Meinung, dass dieser Kampf im Sinne aller arbeitenden Menschen geschieht, wünschte mir nur Methoden, die die Entscheider und nicht die Kunden träfen."
von Diomedes
"Wer jedes Angebot der Bahn mit sozialistischen Kampfparolen zurückweist, wer sich nach 7 Streiks in einem fest gefahrenen Konflikt einer Schlichtung entzieht, der streikt um des Streikes Willen! [...]"
von Paul Böhler
"Es wird viel zu wenig gestreikt in Deutschland, durch eure Passivität füllt ihr nur den Vorständen und Banken die Taschen und geht selbst leer aus. Daumen hoch für die GdL , die sich nicht beirren lässt und ihren Forderungen auch per Streik Nachdruck verleiht!"
von Norbert Bernsdorff
"Unerträglich! Wenige Tausend nehmen bei der Durchsetzung ihrer Interessen uns alle in 'Beugehaft'!"
von Oberon12
"[...] wenn die "großen" Gewerkschaften sich mit der "Machtelite" verbünden und es mit faulen Kompromissen immer mehr zulassen, dass Arbeitnehmerrechte eingeschränkt werden, dann kann die Aufgabe Arbeitnehmerrechte zu sichern nur von kleinen Gewerkschaften übernommen werden. Das ist vollkommen legitim!"
von kikimurks
"[...] Bei diesem Streik geht es auch nicht darum, ob die Arbeitszeit verkürzt wird oder es mehr Geld gibt. Es geht allein um Weselskys Machtanspruch auch für andere Gruppen zu sprechen und das ohne eine Abstimmung mit der Gewerkschaft in der der überwiegende Teil der Berufsgruppe organisiert ist."
von micha9721
"[...] Um keine Schuldzuweisungen zuzulassen MÜSSEN die Forderungen UND die Angebote detailliert öffentlich gemacht werden, damit der Bürger mal sieht, was da so schiefläuft. Immerhin sind wir Bürger nahezu alle betroffen, auch die nicht mit der Bahn fahren, der Verkehr auf der Straße wird erheblich zunehmen."
von Dietmar0900
"Immer noch zu kurz. Konsequent wäre es, so lange zu streiken, bis die Bahn endlich einlenkt.[...]"
von Nebukadnezar
"[...] Es ist noch kein Arbeitgeber an den Forderungen der Gewerkschaft zu Grunde gegangen. Und ohne Gewerkschaft würden heute noch mittelalterliche Ausbeutung herrschen. Jeder, der die GdL kritisiert, sollte bedenken, daß auch sein Lohn in der Vergangenheit "erstreikt" wurde. Die GdL ist die einzige Gewerkschaft, die resolut auftritt und keinen "Schmusekurs" mit dem Arbeitgeber fährt. Weselsky - weiter so !!"
von formiculus
"Die GdL verursacht mit ihrem unnötigen Streik einen enormen volkswirtschaftlichen Schaden - nur um einen kleinen Vorteils zugunsten ihrer Berufsgruppe zu erzielen. Es wäre gerecht, wenn die GdL auch für diesen Schaden zur Rechenschaft gezogen würde!"
von snowboarder70nrw
"Leider muss man heute im Billiglohnland Deutschland streiken, um für ein gerechtes Einkommen zu kämpfen."
von La Ra
"[...] Ich ziehe ja meinen Hut vor Leuten, die für ihre Rechte einstehen und kämpfen; das erachte ich als sehr, sehr wichtig, aber, dass, was dieser Weselsky da veranstaltet ist meiner Meinung nach eine irrsinnige Ausschlachtung des Streikrechts und steht so langsam in gar keiner Relation mehr zu dem Ziel, was er immer vorgab zu verfolgen und ich hoffe, dass die Lokführer endlich mal aufwachen und sich nicht mehr wie Marionetten von diesem Kerl lenken lassen."
von Thekenmaradonna
"[...] Das Vertrauen in die Bahn ist bei mir (und vielen anderen potenziellen "Fahrgästen") inzwischen komplett zerstört. Ne Fahrkarte im voraus kaufen, das kann man doch gar nicht mehr machen. Und der volkswirtschaftliche Schaden, der hier wiederholt angerichtet wird durch den Streik, lässt sich kaum noch beziffern."
von BuergerEs
"Streik ist immer ein Machtkampf zwischen Gewerkschaft und Unternehemen. [...] Die DB Führung scheint da auch nicht besonders einsichtig zu sein. Dem Bahnvorstand sind die Fahrgäste ganz egal."
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Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte in dem Blatt: "Der Tarifstreit bei der Bahn ist für Außenstehende kaum noch nachzuvollziehen. Alle Beteiligten müssen sich fragen, ob der Schaden, den dieser Ausstand anrichten könnte, noch in einem vernünftigen Verhältnis zur eigentlichen Auseinandersetzung steht. Statt Deutschland lahmzulegen, brauchen wir ernsthafte Verhandlungen." (dpa)
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