Valetta/Rom/Luxemburg. Nach dem jüngsten Flüchtlingsdrama im Mittelmeer bitten weitere Schiffe mit Notrufen um Hilfe. Eines ist vor einem beliebten Strand der griechischen Insel Rhodos zerschellt.

Vor einem beliebten Strand der griechischen Touristeninsel Rhodos ist ein Schiff mit Dutzenden Flüchtlingen an Felsen zerschellt. Mindestens drei Menschen starben, darunter ein vierjähriges Kind, wie die Küstenwache am Montag mitteilte. Weitere 93 wurden demnach aus dem Wasser gerettet, 30 von ihnen kamen ins Krankenhaus. Taucher entdeckten im Wrack keine weiteren Menschen, wie es hieß.

Nach ersten Erkenntnissen der Küstenwache kam das Schiff offenbar aus der Türkei. Das Boot lief rund 100 Meter vor dem beliebten Badestrand Zefyros der Stadt Rhodos auf Felsen auf und zerschellte. Augenzeugen gaben an, die Flüchtlinge klammerten sich an Teile des Schiffes, um auf diesen die Küste zu erreichen. Medienberichten zufolge beteiligten sich auch Inselbewohner an der Rettung.

Über die Nationalität der Menschen wurde zunächst offiziell nichts bekannt. Augenzeugen sagten im örtlichen Rundfunksender, viele von ihnen seien aus Syrien. Es seien aber auch Menschen aus Eritrea und Somalia unter den Flüchtlingen.

Weitere Flüchtlingsschiffe im Mittelmeer in Seenot

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Im Mittelmeer sind drei weitere Schiffe mit Flüchtlingen in Seenot geraten. Italien und Malta hätten nach Hilferufen der drei Boote Rettungseinsätze eingeleitet, sagte Italiens Regierungschef Matteo Renzi am Montag nach einem Treffen mit Maltas Premierminister Joseph Muscat. "Ein Schlauchboot befindet sich etwa 30 Seemeilen (55 Kilometer) vor Libyen, mit 100 bis 150 Menschen an Bord. Ein weiteres Schiff ist etwas größer mit 300 Menschen", sagte Renzi. Auch ein drittes Boot habe um Hilfe gebeten.

Zuvor hatte die Internationale Organisation für Migration (IOM) erklärt, sie habe Informationen über drei weitere Schiffe in Seenot erhalten. Dies habe ein Anrufer, der sich angeblich auf einem der Boote befand, berichtet, sagte ein IOM-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Auf einem Schiff, das am Sinken sei, befänden sich nach Angaben des Anrufers 300 Menschen, 20 von ihnen seien gestorben.

Renzi bekräftigte, es sei wichtig, gegen die Menschenschmugglerbanden im Mittelmeerraum vorzugehen. "Die Eskalation der Todesfahrten ist ein Zeichen, dass es eine kriminelle Organisation gibt, die viel Geld damit verdient und viele Leben ruiniert", sagte der 40-Jährige nach dem Treffen in Rom. "Unser Land kann nicht zulassen, dass mit menschlichen Leben Geld gemacht wird, und wir werden dagegen vorgehen. Das verlangen wir von der internationalen Gemeinschaft." (dpa)

Konsequenzen aus Flüchtlingsdrama im Mittelmeer gefordert 

Die Hoffnung auf weitere Überlebende der verheerenden Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer schwindet. "Momentan gibt es nur 24 Leichen, aber nach den schrecklichen Erzählungen (von Überlebenden) scheint es, dass Menschen im Boot eingesperrt waren", sagte der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi am Montag dem Radiosender RTL 102,5. Es sei sehr schwer zu ermitteln, was genau passiert sei. Bei dem Unglück am Wochenende vor der libyschen Küste könnten weit mehr als 700 Menschen umgekommen sein.

Die Leichen der 24 Migranten wurden am Montag nach Malta gebracht. Sie sollen obduziert und dann auf dem Inselstaat bestattet werden, wie die Zeitung "Times of Malta" berichtete. An Bord des italienischen Rettungsschiffes "Gregoretti" waren auch Überlebende, die nach Italien gebracht werden sollten. Renzi sagte, Libyen habe sich bereiterklärt, weitere Leichen des Unglücks aufzunehmen, falls sie gefunden werden sollten.

950 Menschen an Bord des Schiffes

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Nach Aussagen eines Überlebenden waren 950 Menschen an Bord des Schiffes, das nach der Abfahrt in Libyen gekentert war. Darunter waren auch viele Kinder. Die italienische Küstenwache teilte mit, 28 Menschen seien gerettet worden. Die Suche nach weiteren Vermissten ging weiter.

Nach Aussagen eines Überlebenden aus Bangladesch, der von der Staatsanwaltschaft in Sizilien befragt worden war, waren viele Menschen im Laderaum eingeschlossen. "Die Schmuggler haben die Türen geschlossen und verhindert, dass sie herauskommen", sagte er laut italienischer Medien.

EU-Außen- und Innenminister tagen

Wie Europa auf die Situation im Mittelmeer reagieren kann, wollen am Montag in Luxemburg die EU-Außen- und Innenminister bei einem Krisentreffen besprechen. Die Europäische Union müsse so schnell wie möglich dafür sorgen, dass nicht noch mehr Menschen im Mittelmeer umkämen, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bei seiner Ankunft in Luxemburg. Er warnte aber vor zu großen Erwartungen. "Ganz schnelle Lösungen" werde es sicherlich nicht geben. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin: "Es ist allen in der Bundesregierung klar, dass gehandelt werden muss." Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei tief bestürzt über den Tod der Flüchtlinge.

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Der italienische Außenminister Paolo Gentiloni forderte mehr Engagement anderer Länder. "Es ist nicht mehr haltbar, dass man auf einen europäischen Notstand nur mit italienischen Mitteln und Verpflichtungen antwortet." Renzi sagte RTL: "Die Schmuggler sind die neuen Sklavenhändler. Ihnen müssen wir den Krieg erklären."

Schleuserring in Palermo zerschlagen

Einen ersten erfolg gab es in Palermo: Dort zerschlug die Polizei einen internationalen Schleuserring. Die Männer aus Afrika sollen mit großem Gewinn Flüchtlinge in EU-Staaten, darunter auch nach Deutschland, geschleust haben.

Wenige Meter vor der Küste der griechischen Touristeninsel Rhodos lief derweil ein Flüchtlingsschiff auf Grund. Medienberichten zufolge starben mindestens drei Menschen, darunter ein vierjähriges Kind. Nach Angaben der Küstenwache wurden 80 Menschen gerettet. Wie viele Migranten insgesamt an Bord waren, war demnach zunächst unklar. Über die Ägäis versuchen Schleuserbanden, Migranten und Flüchtlinge von der türkischen Küste nach Westeuropa zu bringen. (dpa)