Essen. Der Kölner Zug verzichtet auf einen Motivwagen zum Terror - das ist wohltuend, auch wenn der Weg dorthin ziemlich bescheuert war.

Also wie die Kölner sich da angestellt haben, das ist so ungeheuer dämlich, dass man es wirklich kaum glauben kann. Dass sie erst mit maximaler öffentlicher Aufmerksamkeit einen Motivwagen zu den Anschlägen auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" ankündigten und nun ohne Nennung von zwingenden Gründen die Sache wieder abblasen - das ist so ungelenk, dass man fast vermuten könnte: Hier waren Narren am Werk, und zwar echte.

Man sieht ja, was passiert: Sofort setzen sich die Jecken dem Vorwurf aus, sie seien vor der islamistischen Bedrohung eingeknickt - und das ist ja der Maßstab, mit dem hier im Moment alles öffentliche Leben vermessen wird. Ein Maßstab übrigens, nach dem schon zu den Mutigen gehört, wer einmal "Je suis Charlie" sagt.

Aber die Kölner haben mit ihrer schwer nachvollziehbaren Hin-und-Her-Wurstelei etwas erreicht, wozu man sie am Ende nur beglückwünschen kann: nämlich einen Karnevalszug, den man sich ansehen kann, ohne am falschen Ort, zur falschen Zeit und in völlig unangemessener Kleidung eines Blutbades mit 12 Toten gedenken zu müssen.

Eine Szene überhebt sich an den großen Fragen

Denn wofür sind Rosenmontagszüge da? Für das Ausloten eines gesellschaftlichen Konsenses? Für die Verteidigung der Pressefreiheit? Für Trauer gar? Das Festkomitee Kölner Karneval macht nicht den Eindruck, als wären so komplizierte Dinge bei ihm gut aufgehoben. Und man weiß nicht, ob es in anderen Städten besser aussieht.

Daher ein Gegenvorschlag: Wie wäre es, wenn man Rosenmontagsumzüge als Gelegenheit zum Verkleiden, Bützen, Singen, Schunkeln und Trinken begreifen würde, sprich zum Feiern? Und nicht als Gelegenheit zum Fremdschämen, weil sich eine Szene, deren Stärken erkennbar woanders liegen, an den großen Fragen unserer Zeit überhebt?

Loss mer fiere, nit lamentiere! Es ist weder naiv noch feige, wenn man sich wenigstens im Karneval mal auf unschuldige Weise amüsieren will. Um alles andere kümmern wir uns, wenn er vorbei ist.

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