Düsseldorf/Berlin. Sie bekommen keine Befehle aus dem Hindukusch. Sie opfern sich nicht, sondern fliehen. Die neuen Terroristen machen es Sicherheitsbehörden schwerer.

Das sind nicht mehr Atta, Binalshib und ihre Komplicen, die mit langem Anlauf und 500 000 Dollar Startgeld von Al Kaida das Fliegen lernen, zwei Jets kapern und die ins World Trade Center steuern. Es ist nicht der Schuhbomber, der mit Plastiksprengstoff in den Sohlen American-Flug 61 besteigt und es sind nicht mehr die Kofferbomber, die an Rhein und Ruhr zwei Regionalzüge in die Luft gejagt hätten, wäre ihr Zünder in Ordnung gewesen.

Die neuen Terroristen machen es einfacher, unkomplizierter und damit gefährlicher. Sie ahmen die Mafia nach. Sie nehmen sich die Kalaschnikow, sortieren die nächste Redaktion, Polizeiwache oder Menschenmenge als Ziel ein und schlagen zu. Sie opfern sich nicht, sondern fliehen, wenn sie können. Sie haben keine detaillierten Befehle aus den Bergen des Hindukusch erhalten, sondern morden, vielleicht noch ausgestattet mit einem vagen Auftrag, nach eigenem Plan. Manche von ihnen, ergab eine Auswertung der Bundesregierung, sind nicht einmal die Frommsten unter den Islamisten.

Die Szene hat sich völlig verändert

Fast vierzehn Jahre nach 9/11 hat sich die Szene völlig verändert. Radikalisiert durch Propaganda-Videos im Internet, ähnlich denkende Freunde oder die Kämpfe des „Islamischen Staates“ in Syrien und im Irak treten Einzelkämpfer oder verschworene Gruppen auf. Das Schießen haben sie im Nahen Osten gelernt. Sie sind bereit, es nach der Rückkehr nach Mitteleuropa auch hier zu tun, wie die jüngsten Vorgänge in Frankreich und Belgien zeigen.

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Wie können wir uns vor diesen Attacken schützen? Nicht mehr die ausgeklügelte Sprengstoff-Erfassung am Flughafen reicht aus, sondern sie muss durch intensive Vorbeugung und Fahndung durch Polizeikräfte ergänzt werden. Das wird mühsam sein. Alleine in NRW geht von 40 Rückkehrern aus den Kriegsgebieten eine akute Anschlagsgefahr aus. Um nur einen davon rund um die Uhr zu überwachen, bedarf es mindestens 25 Polizisten, sagt die Gewerkschaft der Polizei. Um im Jargon der Ordnungshüter zu bleiben: Woher nehmen und nicht stehlen?

Lecks im Abwehrwall

Doch da gibt es noch andere Lecks im Abwehrwall. Deutschlands Sicherheitsbehörden, scheint es, sind für diese Auseinandersetzung nicht immer gewappnet, wie einige Beispiele zeigen. Wir müssen dafür nicht einmal die umstrittene fehlende Vorratsdatenspeicherung bemühen.

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Das beginnt bei der Beobachtung von „Gefährdern“. Die Observation von Islamisten-Trecks von Deutschland in die Kriegsgebiete Syriens und Iraks funktioniert seit einigen Monaten nur eingeschränkt, weil V-Leute ohne eine ausreichende Rechtsgrundlage nicht operieren können.

Das setzt sich fort bei der fehlenden Registrierung, wer auf welchem Flug unterwegs ist. Fluggastdaten zum Zweck der Sicherheit zu sammeln – das blockiert das Europäische Parlament.

Bundesregierung räumt Lücken ein

Macht es nicht Sorge, dass die Verhinderung blutiger Terror-Anschläge in Deutschland in mindestens fünf Fällen nicht wegen eigener nationaler Aufklärungs-Erkenntnisse erfolgt ist, sondern durch vorzeitiger Hinweise ausländischer Dienste? Ja, auch die der NSA.

Können die Bundesländer untereinander verdächtige Vorgänge in allen ihren Aspekten einsehen? Bisher nur unvollkommen. Ihre Computer sind nicht kompatibel. Die Bundesregierung räumt die Lücken selbst ein. In der Parlamentsdrucksache 17/14753 spricht sie von einer „zergliederten Dateienlandschaft“ deutscher Polizeibehörden. Ein fataler Zustand. Es fehlt – noch – am so genannten „Polizeilichen Informations- und Analyseverbund“ PIAV. Welche Probleme durch mangelnde Abstimmung auftreten, hat nicht zuletzt die über ein Jahrzehnt fehlgeschlagene Suche nach den rechtsextremistischen Mördern des NSU gezeigt.

Umdenken bei den Sicherheitsbehörden

Dass in den letzten sechs Monaten eine Festnahme der anderen folgte, eine Anklage der nächsten und bereits eine, noch nicht rechtskräftige, Verurteilung gegen einen zeitweise ausgereisten Dschihadisten vorliegt – das deutet darauf hin, dass bei den Sicherheitsbehörden ein Umdenken eingesetzt hat. Deren Prognose, dass eine Radikalisierung in den Konflikten der arabischen Region auch böse Folgen bei uns haben kann, war richtig.

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Abgesehen von den beiden amerikanischen Soldaten am Frankfurter Flughafen, die – ebenfalls – ein dschihadistischer Einzelgänger auf dem Gewissen hat, hat der islamistische Terror in Deutschland noch keine Todesopfer gefordert. Es bedarf gerade jetzt drastischer Anstrengungen, damit dies so bleibt.

"Marsch der Republik" in Paris

Bis zu eine Million Menschen haben sich am Sonntag...
Bis zu eine Million Menschen haben sich am Sonntag... © dpa
...auf dem Platz der Rebublik im Herzen von Paris versammelt, um...
...auf dem Platz der Rebublik im Herzen von Paris versammelt, um... © Getty Images
...gegen Terrorismus und Fremdenhass zu demonstrieren.
...gegen Terrorismus und Fremdenhass zu demonstrieren. © dpa
Auf zwei Strecken zog sich der March durch die Stadt.
Auf zwei Strecken zog sich der March durch die Stadt. © Getty Images
Sie zeigten ihre Solidarität...
Sie zeigten ihre Solidarität... © dpa
...mit den Opfern der Terroranschläge, bei denen in der vergangenen Woche...
...mit den Opfern der Terroranschläge, bei denen in der vergangenen Woche... © dpa
...17 Menschen starben. Unter den Demonstranten waren auch...
...17 Menschen starben. Unter den Demonstranten waren auch... © dpa
...rund 40 Staats- und Regierungschefs, wie etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel.
...rund 40 Staats- und Regierungschefs, wie etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel. © dpa
Auch Israels Premierminister Benjamin Netanyahu (vorne links) war bei der Demo dabei.
Auch Israels Premierminister Benjamin Netanyahu (vorne links) war bei der Demo dabei. © Getty Images
In einer langen Reihe führten die Politiker den
In einer langen Reihe führten die Politiker den "Marsch der Rebublik" an. © dpa
Zig Sicherheitskräfte von Polizei und Armee sicherten die prominent besetzte Demo ab.
Zig Sicherheitskräfte von Polizei und Armee sicherten die prominent besetzte Demo ab. © dpa
Auf den Dächern waren unter anderem Scharfschützen postiert.
Auf den Dächern waren unter anderem Scharfschützen postiert. © dpa
Vor der Kundgebung hatten sich die Regierungschefs zum Gespräch im Élysée-Palast getroffen.
Vor der Kundgebung hatten sich die Regierungschefs zum Gespräch im Élysée-Palast getroffen. © imago/Xinhua
Dabei war nicht nur der Terror in Paris ein Thema, sondern ein weiteres Mal auch die Ukraine-Krise.
Dabei war nicht nur der Terror in Paris ein Thema, sondern ein weiteres Mal auch die Ukraine-Krise. © dpa
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © Getty Images
Hunderttausende sind am Sonntag (11. Januar 2014) in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag (11. Januar 2014) in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © Getty Images
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © dpa
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © dpa
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © dpa
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © Getty Images
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © dpa
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © dpa
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © imago/Haytham Pictures
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © Getty Images
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © Getty Images
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © imago/Haytham Pictures
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © imago/Haytham Pictures
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © imago/Haytham Pictures
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © imago/Haytham Pictures
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © dpa
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © Getty Images
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Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © Getty Images
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Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © dpa
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Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © dpa
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Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © Getty Images
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © Getty Images
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim
Hunderttausende sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen, um beim "Marsch der Republik" gegen Terrorismus zu demonstrieren. © imago/Haytham Pictures
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