Berlin. Griechenland kann nicht aus der Euro-Zone austreten. “Die Mitgliedschaft im Euro ist unwiderrufbar“, betonte eine Sprecherin der EU-Kommission.

In der Debatte um einen möglichen Ausstieg des hochverschuldeten Griechenlands aus der Eurozone hat die EU-Kommission an europäisches Recht erinnert. Der EU-Vertrag lege fest, "dass die Mitgliedschaft im Euro unwiderrufbar ist", sagte eine Sprecherin der Behörde am Montag in Brüssel.

"Der Euro ist da, um zu bleiben. Der Euro hat seine Belastungsfähigkeit bewiesen", sagte sie mit Blick auf die Schuldenkrise in den vergangenen Jahren. Sie ging nicht im Detail auf Griechenland ein. "Wir kommentieren keine Gerüchte und Spekulationen." Was jetzt zähle, sei das Votum der griechischen Wähler am 25. Januar.

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SPD warnt vor hohen Kosten eines Austritts

Zuvor hatte SPD-Finanzpolitiker und Fraktionsvize Carsten Schneider in der Debatte über einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands vor den Folgen eines Austritts gewarnt. Seiner Einschätzung nach würde ein solcher Schritt Deutschland 30 Milliarden Euro oder mehr kosten, sagte Schneider.

"Wir haben fast 240 Milliarden an Krediten an Griechenland gegeben, um sie zu stabilisieren und im Euro zu halten." Bei einem Umstieg auf die Drachme und einer Abwertung könnte Athen das nicht zurückzahlen.

"Grexit" könnte Spekulanten auf den Plan rufen

Auch die Auffassung, dass ein "Grexit" heute besser beherrschbar wäre als noch vor einigen Jahren, teilt Schneider nicht. "Es würde auseinandergehen. Jeder Spekulant würde zu Recht dann spekulieren, "schauen wir mal, ob die tatsächlich Italien halten können"". Ein kleines Land könne man vielleicht retten, "aber auf gar keinen Fall ein großes wie Italien oder Frankreich".

Der SPD-Fraktionsvize warnte die Union davor, innenpolitisch in Griechenland Einfluss nehmen zu wollen: "Es kann sein, dass es der CDU jetzt nicht passt, dass dort vielleicht eine linke Partei an die Regierung kommt, aber das ist Demokratie und daran muss man sich gewöhnen. Man sollte auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass wir den Griechen jetzt auch noch vorschreiben, wen sie zu wählen haben." (dpa)

Euro ohne Griechen? Was der "Grexit" bedeuten würde 

Der Club der Euroländer wächst und wächst - bisher. Doch vor den Neuwahlen am 25. Januar in Griechenland ist die Debatte über einen Austritt des Landes aus der Eurozone neu entfacht. Das wäre Neuland. Droht eine neue Euro-Schuldenkrise?

Worum geht es?

Weil es Hellas nicht gelungen ist, einen neuen Präsidenten zu wählen, stehen am 25. Januar Neuwahlen des Parlaments an. Nach Umfragen könnte die linkspopulistische Partei Syriza die künftige Regierung anführen. Deren Chef Alexis Tsipras gilt als Gegner der Sparauflagen der Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission.

Er will im Falle eines Wahlsieges Griechenlands Sparpolitik beenden und einen Schuldenerlass verlangen. Die Griechen könnten keine Sozialkürzungen mehr ertragen.

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Wie reagiert das Ausland?

Die Bundesregierung pocht auf Erfüllung griechischer Spar- und Reformzusagen. Man erwarte von der griechischen Regierung - "egal wer sie stellt - dass die mit der EU getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Mit anderen Worten: Hält sich Athen nicht an die Vereinbarungen, dreht die Troika den Geldhahn zu.

Was würde das bedeuten?

In der Folge würde die EZB griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheiten für Zentralbankgeld akzeptieren, so dass griechische Banken von der Versorgung mit Euro abgeschnitten würden. Das könnte das Ende Griechenlands als Mitglied des Währungsraums bedeuten. Das Land müsste eine eigene Währung einführen, die schwächer als der Euro wäre. Das würde die Rückzahlung von Schulden zusätzlich erschweren.

Kann Europa Griechenland aus der Eurogruppe werfen?

Nein. Das sehen die europäischen Verträge nicht vor. Deshalb wird wieder vermehrt über einen "Grexit" diskutiert: Das Wort setzt sich aus "Greece" und "exit" zusammen und meint, dass Griechenland selbst seinen Austritt aus der Eurozone erklärt. Auch das wäre Neuland für das Eurosystem, das für einen solchen Schritt keine Regelungen kennt.

Auch deshalb warnen Ökonomen wie Clemens Fuest, Chef des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW): "Ein Austritt wäre mit erheblichen Risiken behaftet, vor allem für Griechenland selbst, aber auch den Rest der Eurozone." Er würde es daher vorziehen, wenn Griechenland im Euroraum bliebe und seine Reformanstrengungen verstärke, sagte Fuest der "Rheinischen Post".

Was würde ein "Grexit" Deutschland kosten?

SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider schätzt, dass ein Euro-Austritt Griechenlands Deutschland 30 Milliarden Euro oder mehr kosten könnte. "Wir haben fast 240 Milliarden an Krediten an Griechenland gegeben, um sie zu stabilisieren und im Euro zu halten", sagte Schneider. Bei einem Umstieg auf die Drachme könne Athen das nicht zurückzahlen.

Nach Commerzbank-Berechnungen summieren sich die Schulden Griechenlands bei den europäischen Partnern, dem IWF und der EZB auf gut 257 Milliarden Euro. Diesen Berg könnte das Land im Falle eines Austritts nicht mehr abtragen. "Die Politiker in Geberländern wie Deutschland müssten ihren Wählern erklären, dass die Hilfskredite anders als stets behauptet verloren sind", kommentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Das wäre sehr unpopulär und würde eurokritische Parteien wie die AfD stärken."

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Wie groß ist die Gefahr, dass die Euro-Schuldenkrise zurückkehrt?

Experten halten das Risiko eines Flächenbrands für gering - auch deshalb, weil ausländische Banken ihr Engagement in Griechenland in den vergangenen Jahren tendenziell verringert haben. Die Bundesregierung hält einen "Grexit" einem "Spiegel"-Bericht zufolge inzwischen für verkraftbar. Denn anders als beim Schuldenschnitt 2012 haben EU und EZB inzwischen Brandmauern eingezogen.

Dazu gehört der Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM), der Staaten im Notfall mit bis zu 500 Milliarden Euro beispringen kann. Die EZB hat ihre Geldpolitik extrem gelockert und versprochen, alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu retten. Dadurch ist Vertrauen an den Finanzmärkten zurückgekehrt. Zudem haben Länder wie Spanien, Irland oder Portugal Reformen durchgesetzt, ihre Volkswirtschaften gesunden.

Wie wahrscheinlich ist ein "Grexit"?

Das kann niemand vorhersagen. Noch gehen Ökonomen eher davon aus, dass Syriza die Wahlen entweder verlieren und die bisherige Regierung unter der Führung der konservativen "Neuen Demokratie" Strukturreformen und Haushaltskonsolidierung fortsetzen wird - oder dass Tsipras zwar die Wahl gewinnt, dann aber von Wahlversprechen abrückt. "Er verspricht, Geld auszugeben, das er nicht hat und das ihm niemand leihen würde", erklärt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Er schätzt das "Grexit"-Risiko auf 30 Prozent. (dpa)