Berlin. . Über zwölf Stunden hat die Befragung von zwei Zeugen im Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Edathy-Affäre gedauert. Wer sagt die Unwahrheit?

Die Edathy-Affäre belastet nach Meinung des CDU-Innenpolitikers Wolfgang Bosbach weiter die große Koalition. "Die Basis einer Zusammenarbeit in einer Koalition muss Vertrauen sein. Und dieses Vertrauen ist ein gutes Stück weit abhandengekommen", sagte Bosbach am Freitag im Deutschlandfunk. Das bleibe so lange so, wie das Gefühl bestehe, es werde nicht die volle Wahrheit gesagt.

Am Donnerstag hatte der Untersuchungsausschuss des Bundestages den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy angehört. Er behauptete, sein Parteifreund Michael Hartmann habe ihn über Ermittlungen gegen ihn informiert. Nun steht Aussage gegen Aussage.

Edathy war nach eigenen Angaben ständig über Ermittlungen informiert

Denn der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann widersprach vor dem Ausschuss der Darstellung seines Parteifreundes Sebastian Edathy, wonach er von diesem mit Informationen über den Fall versorgt worden sei. Die Opposition will im Untersuchungsausschuss des Bundestages klären lassen, ob in der Affäre um die Ermittlungen gegen Edathy wegen Kinderpornographie Geheimnisverrat oder Strafvereitelung im Amt vorliegt.

Edathy hatte im Februar sein Mandat wegen Ermittlungen zum mutmaßlichen Besitz kinderpornografischer Aufnahmen niedergelegt. Der frühere SPD-Abgeordnete war nach eigener Darstellung ständig über die Ermittlungen gegen sich informiert. Das Leck soll der damalige Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, gewesen sein. Außerdem sei der Kreis der Mitwisser in der SPD um Fraktionschef Thomas Oppermann größer gewesen als bisher bekannt, behauptete Edathy am Donnerstag vor der Presse in Berlin.

Oppermann wehrt sich gegen Vorwürfe

Oppermann bekräftigte seine Haltung, wonach er die sensiblen Informationen nicht in seinem Umfeld verbreitet habe. "Ich habe mein Wissen über den Fall Edathy bis zu dessen Mandatsniederlegung keinem meiner Mitarbeiter anvertraut", sagte der SPD-Politiker der "Bild"-Zeitung (Freitag) Zur Schilderung Edathys, er sei über seinen Fraktionskollegen Hartmann mit BKA-Informationen über den Ermittlungsstand versorgt worden, sagte Oppermann: "Das ist eine abenteuerliche Behauptung, die ich für total abwegig halte."

Auch Hartmann erklärte, er habe 2013 vom damaligen BKA-Präsidenten Ziercke keine Informationen über laufende Kinderporno-Ermittlungen gegen den damaligen Abgeordneten Edathy erhalten. Deshalb habe er Edathy auch nicht - wie von diesem behauptet - über den Stand der Ermittlungen gegen ihn auf dem Laufenden halten können. Hartmann, der selbst kürzlich ein vorübergehendes Drogenproblem eingestanden hatte, betonte im Ausschuss mehrfach, Edathy habe Ende 2013 viel Alkohol getrunken. Mehrere Fragen konnte Hartmann nicht beantworten. Er führte Erinnerungslücken an.

SPD-Politiker Hartmann in der Kritik

Die Grünen warfen Hartmann vor, er habe sich in seinen Aussagen in Widersprüche verwickelt. Angesichts seiner Aussagen als Zeuge im Untersuchungsausschuss könne der Eindruck entstehen, seine wenige Tage zuvor veröffentlichten Angaben zu der Kinderpornographie-Affäre seien "erstunken und erlogen", sagte die Obfrau der Grünen im Ausschuss des Bundestages, Irene Mihalic, am Donnerstagabend.

Die Affäre hatte im Frühjahr den Start der großen Koalition aus Union und SPD überschattet. Der CSU-Bundesminister Hans-Peter Friedrich stürzte, weil er Informationen zu drohenden Ermittlungen gegen Edathy an SPD-Chef Sigmar Gabriel weitergegeben hatte. Ob und von wem Edathy gewarnt wurde, prüft der Untersuchungsausschuss des Bundestages. Dort war Edathy am Donnerstag erstmals seit Bekanntwerden der Vorwürfe vor zehn Monaten als Zeuge erschienen.

Die fast elfstündige Befragung der Zeugen endete am frühen Freitagmorgen. Der Ausschuss will seine Arbeit am 15. Januar mit der Befragung des ehemaligen BKA-Präsidenten Jörg Ziercke fortsetzen. Am gleichen Tag soll auch Edathy erneut als Zeuge angehört werden. (dpa)

"Ich habe viele Menschen enttäuscht"

Der Fall Edathy bleibt brisant: Der frühere SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy ...
Der Fall Edathy bleibt brisant: Der frühere SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy ... © imago/Metodi Popow
... war nach eigener Darstellung ständig über die Kinderpornografie-Ermittlungen gegen sich informiert.
... war nach eigener Darstellung ständig über die Kinderpornografie-Ermittlungen gegen sich informiert. © Getty Images
Der Kreis der Mitwisser in der SPD ...
Der Kreis der Mitwisser in der SPD ... © dpa
...  um Fraktionschef Thomas Oppermann sei größer gewesen als bisher bekannt, behauptete ...
... um Fraktionschef Thomas Oppermann sei größer gewesen als bisher bekannt, behauptete ... © dpa
... Edathy am Donnerstag vor der Presse in Berlin.
... Edathy am Donnerstag vor der Presse in Berlin. © dpa
Der 45-jährige Edathy setzt darauf, dass sein anstehendes Gerichtsverfahren ...
Der 45-jährige Edathy setzt darauf, dass sein anstehendes Gerichtsverfahren ... © Getty Images
... gegen eine Geldbuße eingestellt wird:
... gegen eine Geldbuße eingestellt wird: "Ich habe sicher Fehler gemacht, aber es war legal." © Getty Images
Der CDU-Obmann im Ausschuss, Armin Schuster, kritisierte Edathys Presseauftritt:
Der CDU-Obmann im Ausschuss, Armin Schuster, kritisierte Edathys Presseauftritt: "Es bleibt eine tief irritierende, selbstgerechte Darstellung des Herrn Edathy." © dpa
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