Düsseldorf. Von Mauscheleien mit dem früheren WestLB-Chef Neuber wisse er nichts, sagte der Altkanzler vor dem Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags zur WestLB.

Der gut gelaunte Zeuge im WestLB-Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags lässt erst gar keine Zweifel aufkommen, dass er in einer anderen Liga spielt. Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) lacht, belehrt und lässt die Fragesteller oft alt aussehen.

Wenn es aber im Wirtschaftskrimi über den Verkauf der Salzgitter AG 1998 konkret wird, plagen den vitalen Polit-Pensionär gewaltige Erinnerungslücken: „Wenn man 70 ist, vergisst man das eine oder andere.“ Schließlich habe er in dieser Zeit Entscheidungen getroffen, die für ihn persönlich von größerer Tragweite gewesen wären, schmunzelt der „Genosse der Bosse“. Damals ging es um die Kanzlerkandidatur.

Schröder gemnießt die große Bühne

Dunkler Anzug, volles, dunkles Haar. Der Ex-Medienkanzler genießt die große Bühne und den Pulk an Kameras und Journalisten. „Ist es immer so, dass hier so viele Leute sind?“, lacht der heutige Multifunktionär. Mehrfach muss Ausschusschef Peter Biesenbach (CDU) den humorigen Mann aus Hannover zu mehr Ernsthaftigkeit ermahnen. Als der Grünen-Abgeordnete Mehrdad Mostofizadeh im Fragemarathon stur nachhakt, lässt ihn Schröder lässig auflaufen: „Seminare zur Ökonomie mache ich nur unter Erstattung der üblichen Gebühren.“

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Worum geht’s? Im U-Ausschuss soll der prominente Zeuge die Rolle der niedersächsischen Landesregierung beim Kauf der Salzgitter AG von der WestLB-Tochter Preussag darlegen. Damals wollte WestLB-Chef Friedel Neuber („Der rote Banker“) die Preussag-Tochter lukrativ nach Österreich verkaufen.

Streit mit Johannes Rau

Als der amtierende Ministerpräsident Gerhard Schröder davon Wind bekam, grätschte der robuste Ex-Hobbyfußballer resolut dazwischen: „Ich habe entschieden, den Laden kaufen wir. Salzgitter bleibt Salzgitter. Basta.“ Schließlich sei es um mehr als 12 000 Arbeitsplätze in Niedersachsen gegangen. „Ich habe mein Leben lang Industriepolitik gemacht“, betont Schröder. Gut möglich, dass er auch den Genossen in NRW in dieser Zeit deutlich gesagt habe, sie sollten die Finger davon lassen. NRW-Ministerpräsident Johannes Rau und der Hannoveraner Aufsteiger Schröder waren lange Jahre tief zerstritten.

Gerüchte, dass eine Seilschaft von Johannes Rau und Oskar Lafontaine eine SPD-Kanzlerkandidatur von Schröder über den Verkauf der Salzgitter AG ins Ausland torpedieren wollte, lächelt der spätere Kanzler bei seinem Auftritt im Landtag weg: „Das machen Sozialdemokraten in NRW nicht.“ Allerdings weiß Schröder: „Es gab in NRW den einen oder anderen, der nicht wollte, dass ich Kanzlerkandidat werde.“

„Endlich hat manmal wieder etwas zu tun“

Darüber, wie der heutige Ex-Kanzler am Ende den Banker Neuber auf seine Seite zog, so dass Salzgitter in niedersächsische Landeshand kam, will Schröder nur spekulieren. Vielleicht sei die Sorge vor Massendemos zu groß geworden. Im Nachhinein jedenfalls war der Deal ein gutes Geschäft für Niedersachsen. Dass der frühere Salzgitter-Chef Hans Joachim Selenz in einem Buch vom „Wildwest auf der Chefetage“ mit Mauscheleien, Intrigen und Polit-Skandalen schreibt, ficht Schröder nicht an.

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Der damalige Ministerpräsident begründet den Kauf ausschließlich mit der Rettung von Arbeitsplätzen. Niedersachsen habe einen fairen, marktgerechten Preis bezahlt. In der knapp zweistündigen Zeugenvernehmung gibt es wenig Erhellendes über die internen Vorgänge beim Verkauf der Salzgitter AG, der Zeuge Schröder erinnert sich nach 17 Jahren an keine „Geschichten“ und Verschwörungen. Er wisse da „nix“, plaudert der Freund teurer Cohiba-Zigarren locker in die Abgeordnetenreihen hinein.

Schippisch und arrogant

Forschende Nachfrager schüchtert der sturmerprobte Sozialdemokrat schon mal schnippisch- arrogant mit dem Hinweis ein: „Das ist doch unter Ihrem Niveau.“ WestLB-Chef und SPD-Mann Friedel Neuber sei ein bemerkenswerter Mann gewesen, „der ähnliche Vorstellungen von Industriepolitik hatte wie ich“.

Im Ausschuss wirkt der heutige Gazprom-Lobbyist und Putin-Freund mit sich und der Welt im Reinen. Nach dem millionenschweren Verkauf seiner Memoiren ist Schröder als Vorsitzender im Aktionärsausschuss bei der Ostseepipeline Nord Stream und als Redner für fünfstellige Summen gut beschäftigt. Deshalb ist es nichts als Koketterie, wenn Schröder im Ausschuss lästert: „Endlich hat man mal wieder etwas zu tun.“