München. Zum Schreien komisch oder brandgefährlich? Mit einem Antrag bringt die CSU die Republik gegen sich auf: Ausländer sollen zuhause Deutsch sprechen. Jetzt reagiert die CSU auf die Kritik.

Die CSU will ihre umstrittene Forderung abschwächen, Zuwanderer sollten in der Familie Deutsch sprechen. "Es muss jeder zu Hause sprechen können, wie er möchte", sagte CSU-Vize Peter Gauweiler am Montag vor der Sitzung des Parteivorstands in München. "Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen", war ein Leitantrag für den CSU-Parteitag Ende dieser Woche formuliert. Der umstrittene Satz müsse umformuliert werden, forderte Gauweiler.

Auch die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sagte: "Wir müssen uns über die Formulierung noch etwas Gedanken machen." Der Grundgedanke sei aber richtig. "Es ist unbestritten, dass Sprache für Integration das Allerwichtigste ist", sagte Hasselfeldt. Die Aufforderung, in der Familie Deutsch zu sprechen, will Hasselfeldt nicht als Pflicht, sondern als "Motivation und Anregung" verstanden wissen.

Türkische Gemeinde weist CSU-Forderung als menschenfeindlich zurück

Die umstrittene Forderung der CSU hatte bei Opposition, aber auch in den Unionsparteien, für Kritik gesorgt. "Die CSU ist in Absurdistan angekommen. Zum Schreien komisch, wenn es nicht so brandgefährlich wäre", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi. Sie fügte hinzu: "Staatliche Regulierung, was in heimischen Wohnzimmern passieren darf. Ich dachte, diese Zeiten hätten wir hinter uns gelassen."

Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat die CSU-Forderung als "absurd" und "menschenfeindlich" verurteilt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse "diesem Unsinn ein Ende bereiten", erklärte der Verband. Der CSU-Vorstoß fördere Aversionen gegen Migranten. "Mit diesem menschenfeindlichen, verfassungswidrigen, absurden Vorschlag mag die CSU möglicherweise Wähler*innen der AfD und von rechtsextremen Parteien beeindrucken, der Demokratie erweist die CSU jedoch einen Bärendienst."

"Klingonisch oder Hessisch – das geht die Politik nichts an"

Sogar die Schwesterpartei CDU ging auf Distanz. "Ich finde ja, es geht die Politik nichts an, ob ich zu Hause lateinisch, klingonisch oder hessisch rede", schrieb CDU-Generalsekretär Peter Tauber auf Twitter. Aber auch innerhalb der CSU regt sich vereinzelter, aber dafür umso heftigerer Widerstand.

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Der Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung und CSU-Landtagsabgeordnete Martin Neumeyer sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Das ist ein Schmarrn! Machen wir dann demnächst die Videoüberwachung in den Küchen?"

Auch der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl hält nichts von der Forderung der Schwesterpartei CSU: "Mein Verständnis von christdemokratischer Politik ist, dass wir uns zu dem, was in den vier Wänden einer Familie passiert, in äußerster Zurückhaltung üben", sagte er. "Privat bleibt privat." Zugleich machte Strobl klar, dass seiner Meinung nach jedes Kind, das in die Grundschule kommt, ausreichend deutsche Sprachkenntnisse haben müsse. "Hier müssen die Eltern ihrer Verantwortung gerecht werden."

Beck: "Jetzt ist die CSU narrisch geworden"

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte der "Passauer Neuen Presse": "In dem Antrag der CSU geht es erkennbar nicht um die Einführung einer Rechtspflicht, zu Hause deutsch zu sprechen, das entscheidet ohnehin jede Familie individuell. Sondern um die Betonung der Bedeutung von Sprachkenntnissen für eine erfolgreiche Integration, insbesondere von Kindern." Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn sagte der Zeitung: "Von staatlicher Sprachkontrolle zu Hause halte ich nichts. Es schadet nicht, wenn Kinder zweisprachig aufwachsen."

Der innenpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, meinte hingegen: "Jetzt ist die CSU narrisch geworden." Die Forderung der CSU sei "übergriffig, respektlos und reine Stimmungsmache". "Was ich zu Hause spreche, geht die CSU einen feuchten Kehricht an", betonte Beck und fragte: "Wie will sie denn Menschen zu Hause dazu anhalten, deutsch zu sprechen? Welcher Blockwart soll denn das kontrollieren?"

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