Heppenheim. . Die Odenwaldschule kappt ihre Spitze. Das Aus für drei leitende Mitarbeiter auf einmal kommt überraschend. Die Aufsichtsbehörde fragt sich, wie es mit dem Internat weitergehen soll.
Die Odenwaldschule zieht die Reißleine: Das wegen eines Missbrauchsskandals umstrittene Haus in Heppenheim wechselt überraschend seine Spitze aus. Wie eine Sprecherin am Dienstagabend sagte, werden wegen eines Streits über die Neuausrichtung gleich drei Mitarbeiter in leitenden Positionen vor die Tür gesetzt: Schulleiter Siegfried Däschler-Seiler, Internatsleiterin Juliana Volkmar sowie der langjährige Geschäftsführer Meto Salijevic. Das habe der Trägerverein als entscheidendes Gremium "in großer Einigkeit und mit überwältigender Mehrheit" am Sonntag beschlossen.
Die Odenwaldschule stehe aber nicht ohne Leitung da. "Alle Vertretungsregelungen greifen", sagte die Sprecherin. Wann es zur Trennung komme, müsse noch arbeitsrechtlich geklärt werden. Däschler-Seiler und Volkmar waren erst zu diesem Schuljahr gekommen. Zuvor hatte am Dienstag bereits der stellvertretende Landrat des Kreises Bergstraße, Matthias Schimpf (Grüne), von personellen Konsequenzen in Heppenheim gesprochen.
Missbrauchsskandal wurde lange vertuscht
An der Odenwaldschule waren 2010 lange vertuschte sexuelle Übergriffe an die Öffentlichkeit gelangt. Offiziell wurde die Zahl von 132 Fällen bekannt. Es kam zu mehreren personellen Veränderungen an der Spitze. 2014 gab es neue Verdächtigungen. Aufsichtsbehörden erhöhten den Druck auf die Schule, die sich schließlich zu einem neuen Konzept entschloss.
Im Juni hatte die Schule noch mitgeteilt, Däschler-Seiler wolle selbst gehen. Dann hieß es in Medienberichten, er habe nicht gekündigt. Geschäftsführer Salijevic ist schon wesentlich länger als Däschler-Seiler und Volkmar an der Schule. Er war schon zu den Zeiten da, als die sexuellen Übergriffe vertuscht wurden.
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Der Landkreis Bergstraße als Aufsichtsbehörde des Internats ist nach wie vor unzufrieden. Es fehle Klarheit, wie es in Heppenheim weitergehen soll, sagte Schimpf. Für den 22. Juli sei eigentlich ein Gespräch darüber geplant. Nun gebe es aber keine wirkliche Leitung mehr. Das Gespräch ist Folge mehrerer Fristen, die der Landkreis dem Internat gesetzt hatte. Nach den neuen Missbrauchsvorwürfen hatte die Aufsichtsbehörde beim Internat nachgefragt, aber nach eigener Einschätzung nur unbefriedigende Antworten bekommen.
Nach nicht endender Kritik an ihrem Internatskonzept entschloss sich die Odenwaldschule im Mai zu einem Kurswechsel. Demnach soll es bis zum neuen Schuljahr eine neue Regelung geben, um Kinder besser vor sexuellem Missbrauch zu schützen. In den als "Familien" bezeichneten Gruppen sollen die Lehrer in ihrer Rolle als Betreuer durch Sozialpädagogen ersetzt werden, Schule und Internat sollen strikt getrennt werden. "Wir konzentrieren uns jetzt auf die Gespräche mit den Aufsichtsbehörden darüber", sagte die Sprecherin der Schule. (dpa)