Washington. . Der Fall machte sogar hart gesottene US-Moderatoren sprachlos. Ein 33-jähriger Amerikaner soll seinen Sohn bewusst im überhitzten Wagen eingesperrt haben, mit der Absicht, das Kind zu töten. Der Fall kommt bald vor Gericht.
Die Moderatoren des amerikanischen Fernsehsenders HNL sind hart gesotten, wenn es um Mord und Totschlag geht. Mag die Tat noch so schrecklich sein, Nancy Grace und ihren Kollegen gehen die Worte selten aus. Als der auf bizarre Kriminalfälle geeichte Kanal jetzt live in das Bezirksgericht von Marietta im US-Bundesstaat Georgia schaltete, versagte den Kommentatoren allerdings streckenweise die Sprache. Im Fall des 22 Monate alten Cooper Harris, der am 18. Juni von seinem Vater auf einem Parkplatz bei geschätzten 70 Grad Innen-Temperatur sieben Stunden lang im Auto zurückgelassen wurde und starb, tun sich Abgründe auf.
Was anfangs wie ein schrecklicher Unfall anmutete, entwickelt sich zu einem haarsträubenden Verdacht: Haben Justin Ross Harris (33) und seine Frau Leanna ihren Sohn praktisch zum Tod durch Hitzschlag verurteilt, um ein kinderloses Leben führen zu können? Dieser Schlüsselfrage wird eine Geschworenen-Jury nachgehen, wenn sich Harris einer Anklage wegen Mordes stellen muss.
Dem Angeklagten droht die Todesstrafe
Richter Frank Cox hat diesem Szenario nach einer dreistündigen Anhörung den Weg geebnet. Bei einer Verurteilung droht dem pausbäckigen Angestellten einer Baumarkt-Kette im schlimmsten Fall die Giftspritze.
Phil Stoddard, der Chef-Ermittler der Polizei, lieferte Staatsanwalt Chuck Boring eine Indizienkette, die nach Bewertung eines lokalen Gerichtsreporters „jaw-dropping“ war – den Zuhörern fielen die Kinnladen herunter. Der Beamte beschrieb, wie „gefasst und teilnahmslos“ Harris und dessen Frau reagierten, als sie zum Tod ihres Sohnes vernommen wurden. „Hast du zu viel erzählt?“ soll Leanna Harris ihren Mann auf der Wache gefragt haben. Da hatte sich der aus Alabama stammende Mann bereits in Widersprüche verstrickt.
„Beißender Gestank“ im Auto
Erst nach sieben Stunden, auf der Heimfahrt vom Job, will Harris durch einen Blick in den Rückspiegel seines Hyundai-SUV bemerkt haben, dass er seinen kleinen Sohn nicht wie üblich morgens im Kinderhort abgegeben hatte. Aufzeichnungen einer Überwachungskameras zeigen dagegen, wie Harris in der Mittagspause an sein Auto trat und eine Tüte auf den Beifahrersitz stellte. Ohne dabei einen Blick auf den Kindersitz auf der Rückbank zu werfen, in dem sein Sohn saß. Zu diesem Zeitpunkt war der Junge mutmaßlich bereits tot. Und im Auto muss laut Polizei ein „beißender Gestank“ geherrscht haben.
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Stoddard stützt seinen Mord-Verdacht auf Spuren, die Harris im digitalen Raum hinterlassen hat. Am Tag, als sein Sohn starb, tauschte er mit sechs verschiedenen Frauen über die Smartphon-App „Kik“ Fotos von seinen Genitalien aus. Auf der Internetseite „Reddit“ klickte er zuvor Videos an, in den gezeigt wird, wie Menschen sterben.
"Es war keine bösartige Absicht"
In dem Gesprächsforum „Child Free“, das Kinderlosigkeit propagiert, suchte Harris nach Stichworten über ein Leben ohne Nachwuchs. Zweimal sah er sich ein Video eines Tierarztes an, in dem der qualvolle Tod von Hunden in überhitzten Autos gezeigt wird.
Mehrfach suchte Justin Ross Harris im Netz nach Tipps, wie man Haftstrafen übersteht. Als der Polizist ihn mit dem Mordvorwurf konfrontierte, antwortete Harris: „Aber es war keine bösartige Absicht.“