Essen. Es war ein verlockendes Angebot. Für den Kauf von zehn Tafeln Schokolade konnten die Nutzer eines Shell-Prämienprogramms genug Prämienpunkte für den Erwerb eines 129 Euro teuren E-Book-Reader ansparen. Doch das Angebot war wohl zu gut. Tankstellenbetreiber Shell steht vor einem PR-Desaster.

Shell hätte wohl besser nachrechnen sollen. Dann hätte der Ölkonzern sicher gemerkt, dass er den Kunden seines Prämienprogramms ein viel zu gutes Angebot gemacht hat. Jetzt kämpft der Tankstellen-Betreiber mit Lieferschwierigkeiten - und wütenden Kunden.

Grund für das PR-Desaster ist das Prämienprogramm "Shell Club Smart". Shell-Kunden können sich dort anmelden und mit jedem getankten Liter Punkte ansammeln. Anschließend können diese Punkte gegen Prämien eingetauscht werden. Eine der Top-Prämien, der E-Book-Reader "Kindle PaperWhite", kostete sogar nur schlappe 999 Punkte. Zum Vergleich: für einen E-Book-Reader von Sony werden satte 18.999 Punkte fällig.

Ein E-Book-Reader für zehn Tafeln Schokolade

Trotzdem müssten Shell-Kunden immer noch 999 Liter Benzin tanken, um genügend Punkte für den günstigen Kindle-Reader zusammen zu bekommen - normalerweise.

Denn in den Monaten März und April war es gar nicht nötig zu tanken, um Punkte zu sammeln. In dieser Zeit bekamen Shell-Kunden nämlich schon für den Kauf einer Tafel Ritter-Sport-Schokolade 100 Prämienpunkte, also genauso viel, wie normalerweise für den Kauf von 100 Liter Benzin. So war es möglich, allein durch den Kauf von zehn Tafeln Ritter Sport genügend Punkte für den "Kindle Paperwhite" zu sammeln. Und eine Tafel Ritter Sport kostet bei Shell nur 1,20 Euro. Für 12 Euro bekäme man bei Shell so einen E-Book-Reader, der normalerweise 129 Euro kostet. Ab dem 1.Mai sollten Kunden die Punkte dann gegen Prämien eintauschen können.

Shell ahnte, dass die Aktion aus dem Ruder laufen könnte

Es dauerte natürlich nicht lange, bis Schnäppchenportale im Internet auf das Top-Angebot aufmerksam wurden. Bei mydealz listete ein Nutzer genau auf, beim Kauf welcher Schokolade die Prämienpunkte versprochen wurden - mitsamt Artikelnummer. Über 3400 begeisterte Kommentare zur Shell-Aktion finden sich mittlerweile bei mydealz. Über Soziale Medien machte das Angebot schnell die Runde.

Shell merkte wohl, dass die Aktion vielleicht aus dem Ruder laufen könnte und verlegte die Auszahlung der Prämien vom 1. auf den 2. Mai. Und anstatt sie an der heimischen Tankstelle abzuholen, sollten die Prämiensparer ihre E-Book-Reader nun im Internet bestellen. Shell fürchtete wohl, viele Menschen würden den Brückentag für einen Ansturm auf die Tankstellen des Konzerns nutzen.

Kunden gingen leer aus

Doch selbst die Website von "Shell Club Smart" brach Freitagmorgen wegen zahlreicher Anfragen kurzzeitig zusammen. Wer es geschafft hat zu bestellen, ging meistens trotzdem leer aus - denn die E-Book-Reader waren in Windeseile ausverkauft. Viele Prämiensammler bleiben nun auf ihren Punkten sitzen.

Im Netz machten viele Shell-Kunden ihrer Wut deshalb Luft. Auf Facebook beschweren sich unzählige Kunden, weil sie keinen E-Book-Reader mehr bekommen haben. Und auf Twitter entlädt sich unter dem Hashtag "Shellsmart" der Spott über die misslungene PR-Aktion. "Wer hat Lust auf ne shellsmart 1000-Punkte-Verbrenn-Party? Ich spendier auch ne Runde Rittersport", schreibt etwa ein Nutzer.

Reader waren nach drei Stunden ausverkauft

Shell ist derweil auf Tauchstation gegangen. Die Pressestelle war für unsere Anfragen nicht zu erreichen. Auf Facebook und der Website von "Shell Club Smart" hat der Ölkonzern nur eine dünne Erklärung veröffentlicht. Die Seite des Prämienprogramms habe heute ein 40 mal höheres Aufkommen als üblich gehabt, heißt es darin. Deshalb sei die Website kurzzeitig nicht zu erreichen gewesen. Außerdem erklärt Shell, dass alle vorrätigen 10.000 E-Book-Reader schon nach drei Stunden ausverkauft gewesen seien.

Weiter heißt es: "Wir werden auch in den kommenden Monaten wieder tolle Monatsprämien anbieten. Bitte werfen Sie einen Blick in unsere Prämien-Kataloge". Doch für 999 Punkte sind im Moment kaum Prämien in Sicht, die es mit dem E-Book-Reader aufnehmen können. Eine Nutzerin bei Facebook hat schon mal nachgerechnet: "Wozu sollte ich einen Blick in den Prämienkatalog werfen? Für 999 Punkte bekomme ich drei Flaschen Wasser und eine Bockwurst."