Essen. Eine spannende Geschichtsstunde ohne den dozierenden Zeigefinger: Mit dem Film über das Attentat von Sarajevo, das 1914 den Ersten Weltkrieg auslöste, ist dem ZDF ein packender Thriller gelungen. Ein perfektes Schnittmuster für einen historischen Krimi, der uns berührt.

Wie aufregend eine Geschichtsstunde doch sein kann, wenn man weiß, wie man sie in einem menschlichen Drama seriös verpackt. Andreas Prochazka hat aus dem Vorspiel zum Ersten Weltkrieg einen fesselnden Politthriller mit hoher Emotionalität destilliert, dem man heute Abend ein ganz großes Publikum wünscht: „Das Attentat – Sarajevo 1914“ (ZDF, Montag, 20.15 Uhr), eine deutsch-österreichische Koproduktion, ist das perfekte Schnittmuster für einen historischen Krimi, der uns berührt, nie aber um der Unterhaltung willen die Sache verrät, um die es geht.

Prochazka und sein Autor Martin Ambrosch verdichten die Geschichte um den tödlichen Anschlag auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Frau in der bosnischen Hauptstadt auf die akribische Untersuchung des scharfsinnigen Ermittlers Leo Pfeffer; ein kroatischer Jude, der früh spürt, dass er einer gewaltigen Verschwörung auf die Spur kommt, aber natürlich nie die Chance bekommt, die Wahrheit aufzudecken.

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Geständnisse herbeischaffen

Österreich will mit Deutschland im Rücken schließlich unbedingt in den Krieg gegen Serbien, aus dem der Erste Weltkrieg hervorgehen wird, und das Attentat, das Serben begangen haben, wird als willkommene Vorlage empfunden. Pfeffer soll daher schnell die Geständnisse herbeischaffen und nicht herumschnüffeln. Er blickt in Abgründe, aber es hört ihm niemand zu. Man fühlt sich ein wenig an Kevin Costner bei seinen Kennedy-Recherchen in „JFK“ erinnert.

Florian Teichtmeister, ein junger österreichischer Theaterschauspieler mit gewaltigem Talent, versieht diesen Leo Pfeffer mit nachdenklicher Strenge und Beharrungskraft. Einer, der an die Erfüllung seiner Pflicht bis zuletzt glaubt und dann doch in eine moralische Zwickmühle gerät, als er sich zwischen seiner Verantwortung und der Liebe zur schönen Tochter (Melika Foroutan) eines reichen serbischen Händlers entscheiden muss, der nach Paris fliehen will. Eine Gratwanderung, die dem Film die zusätzliche dramatische Würze verleiht.

Prochazka inszeniert das trotz des historischen Ambientes samt seiner Kostüme und Kutschen eher als reduziertes Kammerspiel denn als Spektakel. Mit dunklen, elegant fotografierten Bildern, die das Geschehen perfekt untermalen.

Politische Zusammenhänge

Und geradezu beispielhaft mischt er die historischen Wahrheiten in seine Geschichte: Da wird nie aufdringlich doziert, um den Rahmen zu vermitteln, und doch erschließen sich die politischen Zusammenhänge der damaligen Zeit nahezu mühelos, ohne dass Autor und Regisseur in Ehrfurcht vor ihnen erstarrten.

Eine ganze Riege starker Schauspieler, die – bis auf Heino Ferch – hierzulande nicht allzu bekannt sein dürfte, verleiht dem Film den letzten nötigen Schliff. So weckt man Interesse an historischen Zusammenhängen zur besten Uhrzeit im deutschen Fernsehen. Respekt.