Essen. . Sind wir am Ende des Holzweges? Holzaromen hatten den Weinmarkt lange Zeit im Griff. In den 1990er-Jahren übertrieben viele Winzer indes das Arbeiten mit dem Werkstoff Holz, waren eher Schreiner denn Weinmacher. Vor allem hochwertige Weine kommen aber immer noch aus dem Barrique-Fass.

Barrique gilt natürlich immer noch als schick. Doch es ist ein Trugschluss, dass der Rebensaft nur dann gut ist, wenn er ein Fass von innen gesehen hat. „Das Holzfass lässt durch die feinen Poren Sauerstoff an den Wein und fördert so seine Reifung. In Edelstahlbehältern bleiben dagegen durch den Luftabschluss die Fruchtaromen in ihrer ursprünglichen Form erhalten. Sie werden deshalb gerne für die Weißweinbereitung eingesetzt”, erläutert Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut (DWI).

Besonders hochwertige und kraftvolle Rotweine legt der Winzer gerne in die kleinen Barrique-Fässer. Bei ihnen gelangt noch mehr Sauerstoff in den Wein, was bei diesen komplexen Weinen auch nötig ist. Barriques fassen traditionell 225 Liter. Der Name kommt von dem französischen Wort „barrique“ für Fass.

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Barrique-Fässer werden vor der Verwendung von innen über offenem Holzfeuer geröstet. Durch dieses sogenannte „Toasten“ setzt das Holz Aromastoffe wie Vanillin, Nelke oder Tabak frei und entwickelt je nach Toastungsgrad auch unterschiedlich starke Röstaromen. Die Lagerdauer kann von einigen Monaten bis zu zwei Jahren und mehr variieren, je nach gewünschter Intensität der Barriquenote und Eigenschaft des Weines. „Hier liegt die Kunst des Kellermeisters darin, durch einen dezenten Barrique-Einsatz die Weine komplexer werden zu lassen, ohne dass sie ihre Typizität verlieren“, erklärt Büscher. „Große Weine und insbesondere Rotweine müssen unbedingt ins Barrique-Fass“, findet Uwe Barnickel, Kellermeister des renommierten badischen Weingutes Franz Keller in Oberbergen.

„Fass’ dich groß“ – alte Größenangaben kehren zurück

Seit einigen Jahren gibt es in der Branche indes auch den Trend „Fass’ dich groß“. Alte Größenangaben erleben eine Renaissance. Das Fuder fasst 1000 Liter, ein Halbfuder demnach 500. Gebräuchlich ist auch die Bezeichnung Stückfass (1200 Liter) und der kleine Bruder ist das Halbstück (600 Liter). „Bei großen Weißweinen und beim Basissegment der Rotweine darf es durchaus das große Holzfass sein“, meint auch Barnickel. Neben französischen und amerikanischen Herkünften werden hierzulande auch immer häufiger heimische Hölzer für die Barriquefassherstellung verwendet.

Am Ende ist es jedoch nicht das Behältnis, das über den Geschmack eines Weines entscheidet, sondern das Fingerspitzengefühl des Kellermeisters. Er muss die vielen

Prozesse während der Reifung verstehen und die richtigen Lagerbehälter so nutzen, dass am Ende ein harmonischer und gut strukturierter Wein im Glas funkelt. „Das Holz macht den Wein nicht alleine aus“, gibt auch Barnickel zu bedenken. „Das Gesamtpaket muss stimmen. Dichte, Frucht, eventuell Frische, Komplexität, Tiefe, Länge sowie Reifepotenzial sollte ein teurer Wein neben dem Holz schon haben.“ Gerade in den letzten Jahren hätten die deutschen Winzer nach Einschätzung des Kölner Top-Sommeliers Christian Frens diesbezüglich einen sehr guten Job gemacht. „Mit diesem typisch deutschen Hang zum Perfektionismus kreieren sie spektakuläre Gewächse“, lobt der Experte.

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Welche Rebsorten überhaupt Fass-kompatibel sind

Doch welche Rebsorten sind überhaupt Fass-kompatibel? Für den Weißwein ist diese Frage schnell zu beantworten: Chardonnay, der weiße „Big Player“ in der Champions League. „In Deutschland gibt es auch einen Trend zum Riesling, der im Fuder oder Stückfass gemacht wird. Er entwickelt darin einen schönen komplexen Geschmack“, ergänzt Frens. Bei den Roten eignen sich schon einige Sorten mehr für den Holzfassausbau. „Weine mit großer frankophiler Tanninstruktur, womit wir in unserer Region natürlich nicht so üppig ausgestattet sind. Wir haben nur etwas Merlot und Cabernet Sauvignon. Aber auch den deutschen Spätburgunder in hoher Qualität würde ich zu den Klassikern zählen“, erläutert Barnickel.

Ein 225-Liter-Fässchen kann schon mal 1000 Euro kosten

Allerdings hat das Arbeiten mit den Barriques einen gravierenden Nachteil: So ein 225-Liter-Fässchen kann schon mal 1000 Euro kosten. Die Vanilletöne sind aber auch bei Produzenten preiswerter Konsumweine sehr beliebt. Allerdings ist ein Barriqueausbau bei einem Drei-Euro-Wein schlicht nicht finanzierbar. Was tun? Für diese Zwecke hat die Reben-Industrie so genannte Chips entwickelt: Eichenspäne, die in verschiedenen Toastgraden angeboten werden. Sie werden während der Gärung entweder direkt auf die Maische gegeben oder in einem Netz in den Wein im Tank gehängt und nach einiger Zeit, wenn sie genügend Aromen abgegeben haben, wieder entfernt. Manchmal werden diese weingetränkten Holzstücke auch getrocknet und in Baumärkten als aromatisches Grillholz verkauft. Nicht gerade romantisch, aber legitim und sehr pragmatisch.