Peking. . Seit einer Woche hängt eine dicke, rußige Nebelschwade über Peking. Wegen des Smogs gehen viele Chinesen nicht mehr auf die Straße. Doch selbst in die Wohnungen dringt das Gift. Die Kliniken sind überfüllt. Selbst die Messgeräte kapitulieren.
Man sieht die Hand vor Augen kaum. Seit nunmehr einer Woche hängt eine dicke, rußige Nebelschwade über Peking. Nicht einmal die Fassaden der vielen Hochhäuser sind zu erkennen – selbst wer unmittelbar vor ihnen steht. Die Luftmessungen der US-Botschaft in Peking ergaben am Dienstagabend Werte von über 500 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter: Oberhalb dieser Grenze können die Messgeräte die Schadstoffwerte nicht mehr erfassen.
Damit lagen die Feinstaubwerte in der chinesischen Hauptstadt bei mehr als dem 20-fachen, was die Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch für unbedenklich hält.
Obwohl die meisten Pekinger ihre Fenster schon seit Tagen nicht mehr öffnen, stinkt es selbst in vielen geschlossenen Räumen nach Kohle und Schwefel. Die giftige Luft dringt zum Teil durch undichte Fensterritzen in die Wohnungen. Wer es sich leisten kann, hat bei sich zu Hause Luftreiniger stehen, die auf Hochtouren laufen. Viele, die sich die Geräte für umgerechnet rund 300 Euro und aufwärts nicht leisten können, versuchen die Fensterrahmen mit Klebeband zu versiegeln oder verhängen die Fenster mit dicken Stoffen. Viele wischen mehrmals täglich den Boden, um auf diese Weise die feinen Partikel zu binden.
Bis Seoul weht der Feinstaub, 1000 Kilometer weit
Die Meteorologen im chinesischen Staatsfernsehen berichten von einer „Inversionswetterlage“, die derzeit das Wetter von Chinas Norden und Osten bestimmt. Auf dem Boden sei es relativ kalt, oben in gut 50 bis 100 Meter Höhe sorge aber eine warme Schicht dafür, dass die Luft nicht weichen kann. So werde der Feinstaub auf den Boden gedrückt. 15 Prozent des gesamten chinesischen Staatsgebietes sollen derzeit von der dichten Smogdecke betroffen sein. Hier leben 400 Millionen Menschen. Die Feinstaubwolke weht sogar bis in die südkoreanische Hauptstadt Seoul, rund tausend Kilometer von Peking entfernt.
Die Pekinger Umweltbehörde hat erst am dritten Tag des dichten Smogs Alarmstufe Orange ausgerufen, der zweithöchsten Gefahrenstufe. Seitdem ist die Zahl der Passanten auf den ansonsten belebten Straßen der chinesischen Hauptstadt merklich zurückgegangen. Spielende Kinder auf den Schulhöfen sind nicht mehr zu sehen. Auch die älteren Menschen, die normalerweise morgens auf Plätzen und in Höfen Frühgymnastik und Taiji betreiben, gehen nicht mehr ins Freie.
Selbst Hunde tragen Masken
Wer sich dennoch auf die Straße wagt, hat sich in dicke Schals eingewickelt und trägt Atemmaske. „Obwohl selbst das die Atemwege nicht vor den Kleinstpartikeln schützt, denke ich: Besser als gar nichts“, sagt ein Passant. Im Internet kursieren Bilder, auf denen selbst Hunde Masken tragen.
Das chinesische Staatsfernsehen zeigte in den Abendnachrichten Bilder von völlig überfüllten Krankenhäusern. Die meisten Patienten litten einer Ärztin zufolge an Problemen mit den Atemwegen oder Herzkreislauferkrankungen. Erst vor einigen Wochen haben chinesische Wissenschaftler eine Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass in China zwischen jährlich bis zu einer halben Million Menschen vorzeitig an den Folgen der hohen Luftverschmutzung sterben.
Die sozialen Netzwerke sind voll von Kritik an den Behörden. Die Pekinger Stadtregierung rechtfertigte sich: 36 Produktionsstätten im Stadtgebiet hätten den Betrieb eingestellt, weitere 75 Werke ihren Ausstoß um 30 Prozent reduziert.