Gladbeck. Umweltmediziner zu Gast beim Bürgerforum Gladbeck. Experte referierte zum Thema„Gesundheitsgefahren für die Gladbecker Bürger durch den Verkehr auf der B224“

Wer bislang Bilder aus asiatischen Großstädten als übertrieben belächelt, auf denen Menschen zu sehen sind, die Filtermasken vor dem Gesicht tragen, um sich vor dem Smog zu schützen – dem konnte am Dienstagabend im Gasthaus Alte Post das Lachen vergehen. Denn auf Einladung des Bürgerforums referierte Umweltmediziner Dr. Ludwig Schlömann zum Thema „Gesundheitsgefahren für die Gladbecker Bürger durch den Verkehr auf der B224“, wobei nicht nur die Feinstaubbelastung aufgezeigt wurde.

Zunächst ging der Internist aus Essen auf das fantastische Leistungsvermögen unserer Lunge ein, „über die mit einer Gesamtoberfläche von 100 Quadratmetern in 24 Stunden rund 10 000 Liter Luft ein- und ausgeatmet werden“. Luft, die zum Gesundheitsrisiko wird, wenn sie mit Schadstoffen belastet ist; etwa zu gleichen Anteilen verursacht von Industrie und Heizung einerseits sowie Straßen- und Fernlastverkehr andererseits.

Messstellen an der B 224 fehlen

Dies sei sicher auch in Gladbeck überall dort der Fall, wo höheres Verkehrsaufkommen

zu beobachten ist. Hierzu bemängelte der Experte das Fehlen ausreichender Feinstaub-Messstationen etwa entlang der B 224. Generell festgelegt sei, dass der Grenzwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft an 35 Tagen im Jahr nicht überschritten werden dürfe. Die EU habe zwar einen schärferen Grenzwert von 20 Mikrometern gefordert, die Pläne seien aber wohl als politisch zu brisant in der Schublade verschwunden. „Gäbe es an der B 224 in Gladbeck eine Messstelle, dann läge der Wert sicher öfter über 100“, unterstrich Schlömann.

Der zugleich auch von einer Art Etikettenschwindel sprach, „da in den Messstationen nur grobe Feinstaubpartikel ab 10 Mikrometer Größe (ein Millionstel Meter) erfasst werden“. Denn selbstverständlich würden auch kleinere Feinst-staub- und Nanopartikel zu Schädigungen führen, deren Berücksichtigung im Messverfahren ganz andere, brisantere Belastungswerte ergäben. Neben den Stäuben belasten zudem Stickoxide

aus den Abgasen erheblich die Lunge und somit den Organismus. Schlömann: „Lungenkrebs ist mit einem Anteil von 25 % der häufigste Krebs bei Männern in Ballungsgebieten.“ Und laut Studien gelte die generelle Aussage: „Die Dreckbelastung aus den Auspuffen und Fabrikschloten verkürzt unser Leben im Ruhrgebiet um etwa 1,5 Jahre im Vergleich zu unbelasteteren Regionen.“

Als Fazit gelte es also, „vom Wutbürger zum Mutbürger zu werden“, so der Umweltmediziner, „um Messstationen in Frage zu stellen, politischen Druck zu machen und statt Autobahnausbau nach besseren machbaren Lösungen zu suchen.“

Bürgerforum warnt vor falschen Signalen

Der Vorsitzende des Bürgerforums Gladbeck, Matthias Raith, warnte davor, falschen Positivsignalen wie angeblichen Finanzierungszusagen des Bundes zum Ausbau der A 52 oder zum Planfeststellungsverfahren für das Autobahndreieck vor Wittringen zu glauben, „die den Eindruck erwecken, hier werden Fakten geschaffen und die Autobahn kommt trotz des ablehnenden Gladbecker Bürgervotums doch Stück für Stück“.

Umso wichtiger sei es, „dass die Gladbecker Politik jetzt zum Ausbauthema klare Position

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bezieht“, fordert Raith, der dem Publikum sogleich dazu Ergebnisse lieferte – nach jüngsten Gesprächen, die er zum Thema geführt habe. Michael Tack von der FDP gehe demnach von völlig falschen Voraussetzungen aus. Ihm habe er klar gemacht, „dass die Autobahn nichts für Gladbeck bringt“.

Dem stimmte auch Bürgerforum-Vorstandskollege Stephan Müller zu. Die A 52 sei nicht geplant worden, um die Gladbecker Bürger zu entlasten, „sondern mit der Absicht, die Fernverkehre hier über eine Nord-Süd-Tangente hinzulenken“. Dies untermauerte Olaf Jung, der eine Studie vorlegte, wonach die Belastung der B 224/A 52 bei einem Vollanschluss insgesamt zunehmen und allein im Abschnitt entlang des Freibades „von derzeit 45 000 Kraftfahrzeugen auf 70 000“ (24 Stunden) anwachsen würde. Das Planfeststellungsverfahren für den Bottroper Teilabschnitt lasse man gerade rechtlich durchleuchten, informierte Raith weiter, demnach lasse sich daraus kein Baurecht begründen.

Anders als SPD-Landtagsabgeordneter Michael Hübner, der wohl aus Parteiräson keinen Konflikt mit dem Verkehrsminister wolle, erhielt Bürgermeister Roland Lob von Raith, „der mir im Gespräch erklärt hat, dass er die Autobahn satt hat und für den falschen Weg hält“. In Kooperation mit der Stadt wolle man eine Verkehrszählung durchführen, „die belegt, dass die B 224 mit Lkw verstopft ist, die quer durch Europa fahren“.