Essen. . Der Autor der „Wallander“-Krimis, Henning Mankell, hat eine Krebs-Diagnose erhalten: Ärzte fanden einen Tumor an der Lunge und einen am Hals. Mankell hat beschlossen, seine Krankengeschichte aufzuschreiben. Der Krimi-Autor hat seine Krebs-Erkrankung in einem Zeitungsartikel öffentlich gemacht.

Noch nicht lange ist es her, da hat das Fernsehpublikum miterleben können, wie der beliebte Hauptkommissar Kurt Wallander den Kampf gegen Alzheimer antrat. Nun ist Wallanders literarischer Schöpfer selbst in einer schweren Krise: Henning Mankell (65) ist an Krebs erkrankt.

Vor zwei Wochen habe er die Diagnose erfahren: Ein Tumor hat die linke Lunge befallen, ein weiterer Tumor wurde im Nacken entdeckt. Und dann noch die Botschaft, die wohl immer zu einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit führt: Es muss davon ausgegangen werden, dass auch andere Stellen seines Körpers betroffen seien. Dass der Krebs also gestreut hat.

Mankell will über die Krankheit schreiben

Auch bei ihm fing es so an, wie es so viele andere Menschen kennen, die durch eine ähnliche Hölle gehen mussten oder müssen: Es zieht irgendwo – und statt einer Kleinigkeit steckt Krebs dahinter.

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Mankell geht zum Arzt, nach Stockholm zum Orthopäden. Er denkt, seine Bandscheibe macht ihm mal wieder zu schaffen. Doch der Arzt überbringt ihm am Tag danach die Diagnose: Krebs. Wenige wissen, wie sie damit umgehen sollen. Mankell weiß es – er will schreiben. Über die Krankheit, über das, was mit ihm passiert. „Meine Angst ist sehr groß, aber ich kann sie im Großen und Ganzen unter Kontrolle halten“, sagt er. Schreiben kann Therapie sein.

Seine Bücher wurden in vierzig Sprachen übersetzt

Selbst Menschen, die ihr Geld nicht wie der schwedische Bestsellerautor verdienen – seine Romane wurden in 40 Sprachen übersetzt und in vielen Versionen verfilmt –, kennen die therapeutische Kraft des Schreibens zum Beispiel durch Tagebucheintragungen.

Doch bei einem Schriftsteller wie Mankell ist es mehr: Er hat ja nicht nur Krimis geschrieben, sondern längst ei­ne literarische Form gefunden, die von seinen persönlichen Erfahrungen genährt wird – nachzulesen in seinen Afrikaromanen, wie „Chronist der Winde“. Das Selbsterlebte ist nicht nur das Wesen der Autobiografie – das eigene Leid, der eigene Schmerz ist oft der Motor, der erst zum Schreiben führt. Erst 2013 hatte der Autor des Millionensellers „Tschick“, Wolfgang Herrndorf, sein Dahinsiechen, verursacht durch einen Hirntumor, schriftlich fixiert. Seine Tagebucheinträge, verfasst als Blog, lasen sich als erschütterndes Protokoll des Abschieds eines Mannes mit Ende 40.

Theatermacher Christoph Schlingensief, der im Jahre 2010 mit 49 Jahren starb, schrieb ein Buch gegen den Krebs: „Ich habe keinen Bock auf Himmel, ich habe keinen Bock auf Harfe spielen und singen und irgendwo auf einer Wolke herumgammeln“ – sein Aufschrei bleibt in der Welt.

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Das Verstecken und Ignorieren hilft – vor allem bei Prominenten – nicht. Im Gegenteil, das Verdrängen ist meist ein weiterer Stressfaktor. Das hat auch Helmut Dietl (69) erfahren. Auch er ist an Lungenkrebs erkrankt, berichtete er der „Zeit“. Seine Ärzte räumten ihm „im günstigsten Fall“ eine Heilungschance von zehn Prozent ein – „eher drunter“, sagte er, der ungefähr eine Million Gitanes geraucht habe. Auch er geht mit seiner Krankheit, mit seiner Hoffnung, vor allem aber mit seinen Zweifeln, an die Öffentlichkeit: „Man kann diesen Kampf führen – aber geht man gerne in einen Kampf mit ei­ner zehnprozentigen Chance?“

Das Leid öffentlich teilen – mit vielen anderen

Vielleicht wäre der Kampf, im Stillen ausgetragen, noch schwerer auszuhalten? Das „Mitteilen“ hat auch etwas von „Teilen“ – das Leid teilen mit vielen anderen. Mankell sagt, er habe sich entschieden, über seine Krankheit zu schreiben, weil es für ihn um Schmerzen und Leiden gehe, die so viele andere auch betreffen. Er wolle nun in der schwedischen Tageszeitung „Göteborgs Posten“ eine Kolumne veröffentlichen, dort war gestern auch sein erster Bericht erschienen.

„Ich habe mich entschieden zu schreiben, wie es ist. Über den schwierigen Kampf, der es immer ist“, sagt Henning Mankell. „Aber ich werde aus der Perspektive des Lebens, nicht des Todes, schreiben.“