Berlin. Verbraucher bevorzugen Lebensmittel aus der Umgebung. Das bestätigt eine neue Studie, die zur Grünen Woche in Berlin veröffentlicht wurde. Ein neues Siegel soll im Supermarkt helfen, regionale Produkte zu finden. Verbraucherschützer aber sprechen von einer Mogelpackung.

Beim Einkauf von Lebensmitteln zeigen sich die Verbraucher heimatverbunden. Das bestätigt auch eine neue Studie des Landwirtschaftsministeriums, die zur Grünen Woche in Berlin veröffentlicht wurde. Sechs von zehn Kunden legen häufig Wert auf die regionale Herkunft der Erzeugnisse, die im Einkaufswagen landen. Bei Frauen ist der Anteil sogar noch höher. Damit rangiert die Regionalität auf der Prioritätenliste der Konsumenten auf dem ersten Platz.

Doch bislang können sich die Kunden auf den Wahrheitsgehalt der Lebensmittelwerbung kaum verlassen. Die Büsumer Krabbensuppe, der Schwarzwälder Schinken oder das Frankfurter Würstchen haben meist eines gemein: Die Rohstoffe für diese Produkte stammen nicht aus den genannten Gebieten. Die Bezeichnungen dürfen sie trotzdem tragen.

Das ist nicht immer eine fiese Täuschung der Verbraucher, sondern hat oft auch mit Traditionen oder Verarbeitungsrezepturen zu tun. So erwartet kaum ein Gast, der im Restaurant ein Wiener Schnitzel bestellt, dass das dafür verwendete Kalbfleisch aus der Donaustadt stammt.

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Mehr Klarheit soll das neue Lebensmittel-Siegel „Regionalfenster“ schaffen, das mit der Grünen Woche in Berlin deutschlandweit eingeführt wird. Die Kunden sehen damit auf den ersten Blick, welche Lebensmittel aus ihrer Region kommen. Auf dem blau umrandeten Signet geben die Hersteller der Waren Informationen über die Herkunft der Zutaten oder Rohprodukte an.

Bei einer Wurst muss es nicht zwangsläufig der Ort des Bauernhofes sein, auf dem das Schweinefleisch darin erzeugt wurde. Es darf der Landkreis, das Bundesland oder der Radius um den Verkaufsort genannt werden, zum Beispiel „100 Kilometer rund um Dortmund“.

Signet mit lauer Umrandung

Das Regionalfenster wird nur vergeben, wenn wenigstens 51 Prozent des Gesamtgewichtes von heimischen Erzeugern geliefert werden. Die Hauptzutat sowie die wertgebenden Beigaben müssen zu 100 Prozent regional hergestellt worden sein. Bei einem Erdbeer-Fruchtaufstrich mit einem Fruchtanteil von 75 Prozent müssen also alle Erdbeeren aus der Region kommen. Der Produzent muss auch den Ort der Verarbeitung angeben.

Weltgrößte Ernährungsmesse

In der Testphase mit dem Etikett „Regionalfenster“ im vergangenen Jahr verzeichnete jeder zweite Supermarkt durch das neue Angebot eine Umsatzsteigerung.

Die Grüne Woche in Berlin ist die weltgrößte Messe für Ernährung und Landwirtschaft. Sie findet in diesem Jahr von heute bis zum 26. Januar statt.

Darüber hinaus kann das Fenster durch freiwillige Informationen ergänzt werden. Das können beispielsweise Herkunftsangaben zu den landwirtschaftlichen Vorstufen der Produktion sein. Wo kommt das Futter her, wo wurden die Jungtiere oder das Saatgut gezüchtet.

Schließlich steht auch drauf, wer die Angaben des Unternehmens geprüft hat. Doch Vorsicht ist angezeigt. Denn über die Qualität des jeweiligen Produktes sagt die Kennzeichnung nichts aus. Es darf auch keine Hinweise auf die Art der Erzeugung beinhalten. Worte wie bio, fair, gentechnikfrei oder tiergerecht sind verboten.

Die Umstellung der Etiketten beginnt

Für die Verbraucherorganisation Foodwatch ist das Zeichen eine Mogelpackung. „Wer irreführenderweise mit Herkunft wirbt, kann weitermachen wie bisher“, kritisiert die Organisation. Das stimmt grundsätzlich, gilt aber nicht für jene Hersteller, die das freiwillige Siegel tragen.

Die ersten Produkte mit Regionalfenster kommen derzeit auf den Markt. Mit im Boot sind die Handelsketten Edeka, Rewe und Tegut. 60 Produkte sind mittlerweile registriert, 150 Anträge liegen dem Verein, der das Zeichen vergibt, vor. Das ist angesichts von rund 170.000 Produkten im Nahrungsmittelhandel noch verschwindend wenig.

Es wird eine Weile dauern, bis das Regionalfenster auch flächendeckend sichtbar wird. „Jetzt beginnt die Umstellung der Etiketten“, sagt Madeleine Altenhein vom Trägerverein. Erfolgversprechend ist das Vorhaben trotz des schleppenden Einstiegs. Denn in der Testphase hat das Bundeslandwirtschaftsministerium festgestellt, dass die Kunden höhere Preise hinnehmen, wenn sie dafür mit Sicherheit regionale Produkte erhalten.