Washington. . Vor einem Jahr lief Adam Lanza in Newtown, US-Connecticut, Amok. Mehr als 100 Bewohner der kleinen Stadt fuhren in die Hauptstadt Washington zu einem Gedenkgottesdienst. Dennoch scheinen USA weiter denn je von strengeren Waffengesetzen entfernt zu sein.

Als Reverend Gary Hall in der National Cathedral den Trauergottesdienst begann, sah die ganze Nation ihr stilles Leiden. Über 100 Einwohner von Newtown waren 500 Kilometer weit in die Hauptstadt Washington gereist, um am Altar der Nation begleitet von Fernsehkameras an das bisher schlimmste Schul-Massaker in der amerikanischen Geschichte zu erinnern. Spätestens als die Pop-Legende Carole King „Im Namen der Liebe“ sang, ließen manche Besucher im spirituellen Zentrum Amerikas den Tränen freien Lauf.

Der Staat ist ziellos

Am Samstag ist es ein Jahr her, dass Adam Lanza in der mittlerweile abgerissenen Grundschule von Sandy Hook, Connecticut, 20 I-Dötzchen und sechs Lehrer mit einem Schnellfeuergewehr erschossen hat. Zuvor hatte er seine Mutter Nancy hingerichtet, am Ende tötete er sich selbst.

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Danach, so versprach es wenige Tage nach dem Blutbad ein niedergeschlagener Präsident den Eltern der Opfer, sollte sich vieles ändern. „Nie wieder“, das war die Parole. Und eine Reform der aus der über 200 Jahre alten Verfassung abgeleiteten freizügigen Waffengesetze über Nacht Staatsziel Nr. 1.

16 neue Tragödien seit Newtown

Zwölf Monate später, so stellt Paul Barrett fest, Autor des Buches „Glock – der Aufstieg der Waffe Amerikas“, ist der Staat ziellos. Seit Newtown hat es 16 neue Tragödien gegeben, auf die das Polizei-Label „Massaker“ passt. Seit Newtown sind in den USA 11.500 Menschen durch Waffengewalt ums Leben gekommen. Seit Newtown scheint Amerika weiter denn je entfernt von Mitteln und Wegen, der epidemischen Plage Einhalt zu gebieten.

Jedenfalls sind Barack Obamas Erfolge so mickrig, dass sie vom Weißen Haus nicht mal mehr als Tatnachweis ins Feld geführt werden. Als im April ein überparteilich ausverhandeltes Gesetz im Senat kaputtgestimmt wurde, war klar: Es wird nichts mit dem Vorsatz, den Verkauf von Waffen kategorisch stärker zu kontrollieren und kriegsähnliche Sturmgewehre wie das von Adam Lanza benutzte zu verbieten.

Hang zu bestalischer Gewalt

Matthew Lysiak sorgt derweil mit seinem just erschienenen Buch „Newtown: An American Tragedy“ für viel Gesprächsstoff. Der frühere Reporter der „New York Daily News“ hat Monate damit verbracht, das Umfeld des Amokläufers Adam Lanza zu erhellen.

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Er kommt zu dem Fazit, dass der 20-Jährige seit früher Kindheit schwer gestört gewesen sein muss. Sein Hang zu bestialischer Gewalt, ob in Computerspielen, Zeichnungen, Videos oder Phantasiegeburten, seien „frühe Warnsignale für eine potenzielle gewalttätige Zukunft“ gewesen.

Dass sie nicht erkannt und kundig behandelt wurden, notfalls auch gegen den Willen der zuletzt restlos überforderten Mutter des Täters, schreibt Lysiak auch einer insgesamt als katastrophal geltenden Versorgung psychisch Kranker in Amerika zu. Kämen diese Menschen mit kinderleicht verfügbaren Waffen in Kontakt, geschähen Tragödien wie Newtown immer wieder.