Washington. . Fast ein Jahr nach dem Schulmassaker in Newtown in den USA kommen verstörende Details über den Täter ans Licht. Der junge Mann war ein menschenscheuer, hagerer Einzelgänger, den selbst seine Mutter nicht berühren durfte.
Den Familien der 20 erschossenen i-Männchen und sechs getöteten Lehrer und Mitarbeiter der Sandy-Hook-Grundschule sind die Ergebnisse schon im persönlichen Gespräch nahegebracht worden. Die Öffentlichkeit erfuhr erst jetzt, fast ein Jahr nach dem Massaker in Newtown im US-Bundesstaat Connecticut, offiziell Einzelheiten zu einer Bluttat, die Amerika bis heute aufwühlt.
Nach heutigem Stand, so Staatsanwalt Stephen Sedensky, werden die Hintergründe, die den 20-jährigen Adam Lanza am 14. Dezember 2012 um 9.30 Uhr mit einem Schnellfeuergewehr vom Typ Bushmaster XM15-E2S und 300 Schuss Munition zum Massenmörder werden ließen, für immer ein Mysterium bleiben. Eine Minute nach Eintreffen der ersten Polizisten hielt sich Lanza eine Pistole der Marke Glock an den Kopf und drückte ab.
Ein psychisch kranker Außenseiter
Mit chirurgischer Kühle listet der Bericht den Ablauf der Tragödie auf, die von Anfang bis Ende elf Minuten dauert. Auf dem Gang zu den Unterrichtsräumen erschießt Lanza um kurz nach halb zehn Direktorin Dawn Hochsprung (47) und Schulpsychologin Mary Scherlach (56). Zwei weitere Mitglieder des Kollegiums werden angeschossen, überleben. In den Klassenräumen Nr. 8 und Nr. 10 eröffnet Lanza das Feuer und tötet vier Lehrer, 18 Kinder. Zwei Schüler sterben später im Krankenhaus. Zwölf Mädchen und Jungen, die das Blutbad aus unmittelbarer Nähe mitansehen mussten, bleiben unversehrt.
Die erst nach öffentlichem Druck auf die Staatsanwaltschaft freigegebenen Mosaiksteine aus dem Leben des Täters ergeben das Bild eines psychisch kranken Außenseiters, der eine Obsession zu Schusswaffen, Gewalt verherrlichenden Videospielen und Amokläufen entwickelt hatte.
Im Haus in der Yogananda Straße, in dem Lanza kurz vor dem Massaker seiner schlafenden Mutter Nancy (52) mit einem Gewehr viermal in den Kopf schoss, stellten die Fahnder massenhaft Material sicher, das um ein Thema kreist: Tod und Verderben. Darunter eine Sammlung von Zeitungsartikeln, die Massenmorde seit 1891 beschreiben. Lanza hatte eigens eine Tabelle angelegt. Insbesondere mit dem Schul-Massaker von Littleton, US-Staat Colorado, beschäftigte sich der menschenscheue, hagere Mann intensiv. Im April 1998 starben in der Columbine Highschool 15 Schüler, darunter die Täter (17 und 18).
Lanza, bei dem das Asperger Syndrom diagnostiziert wurde, eine psychische Störung aus dem Bereich Autismus, lebte im Haus seiner ihn alleinerziehenden Mutter wie ein Solitär. Nancy Lanza durfte sein Zimmer nicht betreten. Lanza pflegte diverse Marotten. Er ekelte sich davor, Türgriffe anzufassen und selbst angefasst zu werden. Weihnachten und Geburtstage waren ihm ein Graus. Er wechselte mehrfach am Tag die Kleidung und bestand darauf, verschiedene Speisen ausschließlich auf bestimmtem Geschirr zu sich zu nehmen.
Zuletzt verkehrte er mit seiner Mutter im Haus nur noch per E-Mail, ging nicht mehr vor die Tür und klebte die Fenster von innen mit Müllsäcken zu. Ob Lanza von seiner Mutter oder Dritten Hilfe erhielt oder in psychische Betreuung geschickt wurde? Der Abschlussbericht stellt dazu nur knapp fest: nein.
Ein Scheck für eine neue Pistole
Fest steht für das Team um Staatsanwalt Sedensky, dass Adam Lanza seine Vorhaben akribisch geplant haben muss. Darauf deuteten die mitgebrachten Waffen im Auto. Am Tag vorher hielt sich Lanza mindestens 20 Minuten in unmittelbarer Nähe der Sandy Hook auf, wo er von 1998 bis 2003 selbst Lesen und Schreiben gelernt hatte. Zu Hause wartete da schon ein Scheck für ein Weihnachtsgeschenk seiner Mutter auf ihn. Für eine Pistole vom Typ CZ 83. Er hat ihn nicht mehr eingelöst.