Essen. Die EU-Kommission will künftig Kunden besser schützen, die Pauschalreisen im Internet buchen. 2016 könnte die neue Richtlinie Gesetz sein. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die EU-Kommission will auf den "grundlegenden Wandel des Reisemarkts" reagieren – und die europäischen Vorschriften über Pauschalreisen an das digitale Zeitalter anpassen. Der Schutz für "120 Millionen Verbraucher", die individuelle Reisepakete im Internet erwerben, soll ausgeweitet werden. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, jetzt müssen EU-Parlament und Mitgliedstaaten beraten und zustimmen. 2016 könnte die neue Pauschalreise-Richtlinie Gesetz sein. Fragen und Antworten.

Welche Rechte haben Pauschalreisende bisher?

Laut Angaben der EU-Kommission buchen aktuell etwa 23 Prozent der Deutschen noch die klassische, vorab geplante Pauschalreise via Reisebüro. Für sie gilt bisher die Pauschalreise-Richtlinie von 1990. Heißt: Alle bedeutenden Informationen über die Reise müssen bei Vertragsabschluss vorliegen. Der Preis darf nur bis 20 Tage vor dem Reiseantritt geändert werden. Werden bedeutende Reisebestandteile vom Veranstalter verändert, haben Verbraucher das Recht, Geld zurückzufordern und den Vertrag zu stornieren.

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Werden nach Reisebeginn Reisebestandteile nicht geliefert, muss Verbrauchern kostenlos Alternativen angeboten werden oder sie bekommen einen Teil ihres Geldes zurück. Geht ein Veranstalter oder Händler insolvent, bekommen Verbraucher bereits gezahlte Gelder zurück. Tritt die Pleite nach Reiseantritt ein, muss die Heimreise der Kunden gewährleistet sein.

Welche Reisen soll die neue Richtlinie absichern?

Neben der klassischen Pauschalreise sollen die Schutzrechte künftig auch für Reisen gelten, die im Internet zusammengestellt worden sind. Hierbei werden Flug, Unterkunft und Mietwagen von einem oder mehreren miteinander geschäftlich verbundenen Anbietern via Internet verkauft (Stichwort Bausteinreisen). Laut EU-Kommission gibt es jährlich etwa 120 Millionen Verbraucher, die ihre Reise so zusammenstellen. "Die geltenden Vorschriften erfassen solche Reisearrangements bisher entweder überhaupt nicht oder in so mehrdeutiger Weise, dass weder Verbraucher über ihre Rechte noch die Anbieter über ihre Pflichten Bescheid wissen", so die Kommission. Die EU reagiere darauf, "damit mehr Urlauber mit dem Wissen reisen können, dass es ein Sicherheitsnetz gibt, wenn etwas schiefläuft".

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Die EU-Kommission will die Rechte ausweiten. Was plant sie?

Künftig soll es verbesserte Stornierungsrechte geben: Gegen eine "angemessene Entschädigung" sollen Verbraucher vor Reiseantritt vom Vertrag zurücktreten können. Veranstalter sollen nur noch die ihnen tatsächlich entstandenen Kosten einfordern können. Im Fall von Naturkatastrophen oder sozialen Unruhen am Reiseziel soll der Vertrag sogar entschädigungsfrei zu kündigen sein. Und: Die Haftungsvorschriften sollen vereinheitlicht werden. Bisher komme es häufig vor, dass Reiseveranstalter und -vermittler Haftung unter Verweis auf einzelstaatliche Vorschriften von sich wiesen. Darüber hinaus sollen Reisende künftig nicht nur Preissenkungen bei Mängeln geltend machen, sondern auch Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude verlangen können. Ansprüche sollen künftig direkt über den Reisevermittler geltend gemacht werden.

Was sagen Verbraucherschützer?

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) lobt und warnt: Grundsätzlich sei die neue EU-Richtlinie zu begrüßen, sie dürfte aber nicht dazu führen, dass der Verbraucherschutz von Pauschalreisenden aus Deutschland verwässert werde. Konkret nennt der vzbv den Punkt Preiserhöhungen und Reiserücktritt. Laut deutschem Reiserecht dürfen Verbraucher von der Reise zurücktreten, wenn sich die kalkulierten Kosten vor Reiseantritt um fünf Prozent erhöhen. Die neue EU-Richtlinie aber sieht lediglich vor, dass Preisanstiege von mehr als zehn Prozent verboten sind.

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Was sagt die Reisebranche?

Der Deutsche Reiseverband warnt: Online-Anbieter könnten sich leicht auf die Vermittlerrolle von Reisen zurückziehen und wären von der Haftung ausgenommen. Die Reiseveranstalter hingegen würden stärker belastet, etwa "durch die Einführung einer Haftung in Fällen höherer Gewalt". Durch Kostenrisiken könnten sich Pauschalreisen verteuern.

Was sagt die deutsche Politik?

Der Bundesrat hat das Thema in seiner Sitzung am 8. November behandelt. Die Politiker geben 50 Empfehlungen für den weiteren Abstimmungsprozess der neuen Richtlinie. Dabei geht es vor allem darum, dass die neue EU-Pauschalreise-Richtlinie nicht hinter das geltende deutsche Reiserecht zurückfällt. Und: Zu Zwecken des Verbraucherschutzes regt der Bundesrat an, dass in der gesamten EU eine verbindliche Grenze für die Höhe der Anzahlungen bei Reisen festgelegt wird. Auch soll der Insolvenzschutz ausgeweitet werden, etwa auf Betrugsfälle. "Grundsätzlich begrüßt der Bundesrat die Modernisierung und deren Anpassung an die Entwicklung des Reisemarktes."