Paris. Der vor etwa drei Wochen nach Frankreich verschleppte deutsche Arzt Dieter K. bleibt in französischer Haft. Das hat jetzt das Pariser Berufungsgericht beschlossen. Der Arzt wurde im Jahr 1995 für schuldig befunden, seine Stieftochter getötet zu haben.
Der vor gut drei Wochen nach Frankreich verschleppte deutsche Arzt Dieter K. bleibt in französischer Haft. Das Pariser Berufungsgericht lehnte am Dienstag den Antrag der Verteidigung ab, den 74-Jährigen freizulassen. Hinter seiner Entführung ins Elsass soll der leibliche Vater seiner Stieftochter stehen, der ihn für den Tod des Mädchens vor knapp dreißig Jahren verantwortlich macht.
Der französische Anwalt des Arztes hatte vor Gericht geltend gemacht, K. sei auf deutschem Staatsgebiet entführt worden, obwohl das Strafverfahren gegen ihn eingestellt worden sei. Selbst ob sein Mandant in Frankreich noch einmal vor Gericht gestellt werde, sei «nicht sicher», sagte François Serres.
Gefesselt und geknebelt
K. befindet sich derzeit in einem Gefängniskrankenhaus im Großraum Paris, nachdem er am 18. Oktober gefesselt und geknebelt vor einem Gerichtsgebäude in Ostfrankreich gefunden worden war. Deutschland fordert die Rückführung des Kardiologen in seine Heimat. Dessen Tochter Jana sagte am Rande der Verhandlung, ihr Vater habe in der Vergangenheit mehrere Herzinfarkte gehabt und sie sorge sich um seine Gesundheit.
Nach Einschätzung von K.s deutschem Anwalt Nicolas Becker verstößt Frankreich «massiv» gegen europäische Rechtsvorschriften, indem es den verschleppten Deutschen in Haft hält. Das deutsche Ermittlungsverfahren gegen den Mediziner nach dem Tod seiner 14-jährigen Stieftochter Kalinka sei seinerzeit eingestellt worden. Die französische Justiz verstoße folglich gegen das Verbot der doppelten Strafverfolgung und mache sich zudem ein Verbrechen zunutze, hatte der Anwalt wenige Tage nach der Entführung des Arztes erklärt.
Strafe wurde nie angetreten
Die französische Justiz hatte den verletzten K. inhaftiert, weil er in Frankreich in Abwesenheit zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Die französischen Richter hatten den Arzt 1995 für schuldig befunden, seine Stieftochter mit einer Spritze getötet zu haben. Er musste die Strafe aber nie antreten, weil Deutschland ihn nicht auslieferte.
Für die Entführung des Deutschen nach Frankreich soll der leibliche Vater von Kalinka verantwortlich sein, André Bamberski. Gegen ihn erließ das Amtsgericht Kempten inzwischen einen europäischen Haftbefehl; er ist aber nach Zahlung einer Kaution in Frankreich auf freiem Fuß.
Der Arzt hatte seine Zulassung in Deutschland 1997 wegen sexuellen Missbrauchs verloren. Das Landgericht Kempten befand ihn für schuldig, eine 16-jährige Patientin unter Narkose vergewaltigt zu haben. Er bekam dafür zwei Jahre Haft auf Bewährung, übte seinen Beruf aber illegal weiter aus. (afp)