Essen. 19 Jahre lang ermittelte Iris Berben im ZDF als Kommissarin “Rosa Roth“. Samstagabend erlebt sie in ihrem letzten Fall “Der Schuss“ ein bitteres Ende. “Rosa Roth“ trifft auf einen würdigen Gegenspieler und muss soviel ertragen, wie in keiner Folge zuvor.

Das Blut eines Selbstmörders rinnt über ihr schönes Porzellangesicht. Rosa Roths starrer, schreckgeweiteter Blick trifft uns ein letztes Mal vom Fernsehen herab, sie hat aus Versehen ein Kind erschossen, es geht nicht mehr, der Vorhang muss fallen. Iris Berben verabschiedet sich mit ihrem letzten Fall "Der Schuss" (ZDF, 20.15 Uhr) so stark, so würdig und so elegant von ihrer Kommissarin, wie sie vor 19 Jahren begann, als in aller Regel noch die Männer die Mörder schnappten und die Frauen ihnen die Telefone reichen durften.

Man ahnt es: Mit den Pionieren Senta Berger (72) und Hannelore Hoger (71) werden in nicht allzu ferner Zukunft zwei weitere starke Kolleginnen die Segel streichen, und wie lange die melancholische Eva Matthes (58) noch den düsteren Bodensee im Tatort umschifft, wer, außer ihr, weiß das schon. Schade das alles, zumal die freche Nina Kunzendorf in Frankfurt schon keine Lust mehr hatte, bevor sie in diese Riege der taffen Ermittlerinnen je hätte aufsteigen können.

Starke Schauspieler stehen zum Abschied Spalier

Jetzt also erst einmal Iris Berben (63), für deren Abschied eine Schar großartiger Schauspieler Spalier steht, ohne ihr mit ihrem feinen Spiel die Show stehlen zu wollen: der bullige Thomas Thieme als ihr väterlicher Kollege Körber, Devid Striesow, Jürgen Vogel und ganz besonders Hans-Michael Rehberg, mit dessen Waffenhändler und Großunternehmer Nikolai Raskow sich der Kreis schließt.

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Schon 1994, in ihrem ersten Fall, kreuzte der Russe Rosa Roths Wege; damals wurde ihr Freund (Sebastian Koch) erschossen, und sie schwor Rache. Diesmal soll Raskow endlich verurteilt werden.

Rehberg, der in diesem Paten große Gesten und gefährlich leise Töne wunderbar miteinander verknüpft, ist ein würdiger Gegenspieler in diesem komplexen Fall, den sich Thorsten Wettke ausgedacht hat und in dem Regisseur Hannu Salonen die Krimi-Verwicklungen fast ohne Pathos zum Schicksalsdrama hochpusht.

Noch einmal Große Momente

Da sind eine entführte Geschäftsfrau und ein gescheiterter Taxifahrer (Striesow) als Verdächtiger, der seine Tochter von den Pflegeeltern (Mina Tander, Johann von Bülow) weglockt, um mit ihr in die USA zu flüchten und mit einem Bündel Bargeld im Reisebüro bezahlt.

Woher hat er’s? Bei der Festnahme trifft Roths Kugel das Kind, dessen Pflegemutter ausgerechnet Raskows Verteidigerin ist. Wie zufällig oder nicht das nun ist, verraten die nächsten 90 von 105 Minuten. Und die sind spannend, auch wenn Salonen und Wettke die Dramatik am Ende um jeden Preis auf die Spitze treiben.

Dabei lässt die Regie Iris Berben noch einmal jeden Raum für große Momente; diese zweifelnde Rosa Roth muss gewiss so viel ertragen, wie in keiner Folge zuvor. Berben spielt das Leiden aus, nutzt die Gelegenheit professionell, ohne in völliger Eitelkeit zu vergehen. Momente der Erinnerung werden hochgespült, und wer die Serie mochte, wird bei diesem Spiel gerne mit eintauchen.

Wer den Tod als härtesten Abschied aus einer Krimireihe empfindet, der hat den Einfallsreichtum der Autoren unterschätzt. Im Scheitern liegt die größtmögliche Bitterkeit für einen Abgang.