Essen. Endlich mal wieder ein richtiger Krimi. „Rosa Roth“ (Samstag, ZDF, 20.15 Uhr) ist angeschlagen – und zwar im doppelten Sinne. Dafür ist die Krimi-Handlung der Episode „Das Trauma“ umso frischer.

Vielleicht ist ihre Ernsthaftigkeit die große Stärke der Fälle um Rosa Roth (Samstag, ZDF, 20.15 Uhr). In Zeiten einer Inflation jener Schmunzelkrimis, die das Kichern kultivieren, nicht aber den Abgrund des Verbrechens, fallen sie auf. Mag das noch kein Wert an sich sein, ist der Reihe mit Iris Berben als Berliner Polizistin eine handwerkliche Klasse eigen, die im deutschen Fernsehen längst nicht selbstverständlich ist. Die aktuelle Folge bezeugt das souverän. Wenn heute Abend ein „Trauma“ diagnostiziert wird, betrifft das nicht nur Rosa Roth. Ein schwerer Unfall hat ihr Gehirn lädiert: Halskrause und Krankenschein machen das Gegenteil einer schlagkräftigen Ermittlerin aus ihr. Der Verwundungen aber sind viel mehr.

Chemo-Therapie, gänzlich wirkungslos

Roths Kollege Körber steuerte den Unfallwagen. Es geht ihm gut – bis auf die Tatsache, dass ein Alko-Test 1,4 Promille verbrieft. Beiden ging kurz vor dem Unfall ein dicker Fisch durch die Lappen: Ihr Zugriff auf den fahrerflüchtigen Asiaten Song, der eine Joggerin halbtot liegen ließ, scheiterte – den Kollegen vom LKA zuliebe.

Diese Truppe, angeführt vom Überzeugungstäter Jan Gruschwitz (Thomas Sarbacher) hatte gute Gründe: Song steht für ein eiskalt operierendes Pharma-Unternehmen. Es importiert Medikamente zur Chemo-Therapie, die gänzlich wirkungslos sind. Ein Horror für alle Patientenhoffnung.

So liegt von Beginn an alles in Scherben. Die raffiniert fotografierten Bilder einer Großstadt samt ihrer strauchelnden Helden (Kamera Frank Küpper) erzählen davon, mal im kühlen Blau, dann in den fahlen Farben des Bürgerlichen, die längst kein heimeliger Fluchtpunkt mehr sind für die Hüter von Recht und Ordnung.

Episode bis in kleinste Rolle gut besetzt

Rosa Roths Fall, bis in kleinste Rollen sehr gut besetzt, verdankt seine Kraft aber vor allem einem: Thomas Thieme. 2009 stieß der auf großen Bühnen von Hamburg bis Wien beheimatete Schauspieler als Markus Körber zu Roths Truppe. „Trauma“ ist sein Film.

Wie das Gesicht dieses grantigen Bären die brutal langen Schatten der eigenen Vergangenheit spiegelt, wie Thieme das schuldlos Schuldige, wie er Streben und Scheitern in einen Charakter gießt, das ist Fernsehschauspiel auf höchstem Niveau.

Bekanntlich hat Iris Berben nicht Thiemes Format, aber einige gute Momente. Schade nur, dass man sie seit ihren zahlreichen Werbeauftritten auch in einem guten Film keine Brausetablette mehr trinken sehen kann – ohne gleich an Hustenlöser zu denken.

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Von Angelika Wölke u. Peter Toussaint