Washington. Am Kapitol in Washington hat die Polizei eine Autofahrerin erschossen. Die junge Mutter hatte zuvor am Weißen Haus eine Straßenbarriere gerammt. Sie soll an einer Wochenbett-Depression gelitten haben, Medikamente gegen Schizophrenie und Halluzinationen genommen haben.

Einen Tag nach dem an einen Terror-Großeinsatz erinnernden Zwischenfall im Zentrum von Washington, bei dem eine 34-jährige Mutter nach einer bizarren Verfolgungsjagd im Auto von der Polizei erschossen wurde, werden tragische Einzelheiten bekannt.

Wie die am Boden zerstörte Mutter des Opfers Miriam Carey dem TV-Sender ABC sagte, litt ihre Tochter an einer Wochenbett-Depression. Seit der Geburt ihrer Enkelin vor einem Jahr, so Idella Carey, habe sich die als fröhlich und fleißig bekannte Zahn-Pflegerin stark verändert. Sie war nach Angaben ihres Lebensgefährten in ärztlicher Behandlung und nahm Medikamente gegen Schizophrenie und Halluzinationen ein.

Bei der post-natalen Depression handelt es sich um mehr als das als „Babyblues“ bekannte Stimmungstief nach der Geburt. In schweren Fällen, so ein Kinderarzt aus Boston, „will die Mutter sich umbringen und ihr Kind mitnehmen“. Ob Carey dieses Ziel verfolgte, als sie am Donnerstagmittag mit ihrem Kind in ihrem schwarzen Sportwagen aus dem knapp 500 Kilometer entfernten Stamford im US-Bundesstaat Connecticut in die Hauptstadt fuhr, wird vollständig nie zu klären sein. Die junge Mutter überlebte den Polizeieinsatz nicht, der den Parlamentsbezirk für zwei Stunden lahmlegte und Hunderte Touristen in Angst und Schrecken versetzte.

20 Einsatzwagen verfolgten die Frau

Angehörige, etwa Careys Schwester Amy, fielen aus allen Wolken, als sie die Nachricht erreichte: „Das kann nicht sein, das glaube ich nicht.“ Bekannte der Toten gaben an, die Schwangerschaft Careys sei ungeplant gewesen. Zuletzt habe die junge Frau paranoide Angstzustände offenbart und sich unter geheimdienstlicher Beobachtung gewähnt.

Nach Polizeiangaben hatte Miriam Carey zunächst am Weißen Haus eine Sicherheitsbarriere gerammt und einen Wachmann angefahren. Motiv? unbekannt. Auf ihrer Flucht durch die Innenstadt wurde sie bei Tempo 120 von über 20 Einsatzwagen der Polizei verfolgt. Unterhalb des zwei Kilometer entfernten Kapitols versuchten sechs Polizisten mit gezogener Waffe sie zur Aufgabe zu bewegen. Vergebens. Es fielen erste Schüsse. Carey raste erneut davon, kollidierte in unmittelbarer Nähe des Parlaments mit einem Einsatzwagen. Als sie ausstieg und fliehen wollte, wurde sie erschossen.

Das Kapitol wurde vorbeugend abgeriegelt

Insgesamt fielen 17 Schüsse - allein aus Polizeipistolen. Carey war unbewaffnet. Erst nach dem blutigen Finale entdeckten die Beamten auf dem Rücksitz des schwarzen Lexus ein kleines Mädchen. Careys Tochter blieb unversehrt. Zwei Polizisten trugen teils schwere Verletzungen davon.

Das Kapitol, in dem zum Zeitpunkt des Vorfalls Sitzungen liefen, wurde vorübergehend abgeriegelt. Hunderte Touristen waren mit größeren Absperrungen und hektischen Sicherheitskräften konfrontiert. Ausnahmezustand im Herzen der Hauptstadt. Auf Handy-Videos waren dramatische Szenen zu sehen: Passanten warfen sich auf den Boden, aus Angst vor Querschlägern.

Als die Polizei die Quarantäne am Parlamentssitz aufhob, brandete innen Beifall auf. Abgeordnete bedankten sich für die „heldenhafte“ Arbeit der Sicherheitskräfte. Obwohl zu keiner Zeit für die Volksvertreter auch nur der Hauch einer Gefahr bestand, wie einige Kommentatoren anmerkten. Polizeichefin Kathy Lanier sprach von einem Einsatz aus dem Lehrbuch. Selbstkritische Töne? Nein. Ein Satz über die Tragik des Opfers? Fehlanzeige.