Berlin. . Er ist ein Kerl wie ein Baum, kann böse gucken, und dicke Muckis hat er auch: Henning Baum spielt für eine RTL-Produktion Götz von Berlichingen.
Heute Polizist, morgen Raubritter, aber immer ein echter Kerl: Henning Baum („Der letzte Bulle“) spielt Götz von Berlichingen, den spätmittelalterlichen Rabauken mit der eisernen Hand. Für die Dreharbeiten schnallt sich Baum eine Eisenprothese an den rechten Arm – vergisst aber manchmal, was er da trägt, will galant den Weg weisen und rammt einem die monströse Pranke in die Nieren. Sagen wir so: Kein Wunder, dass sich halb Europa vor dieser Faust fürchtete.
Aber egal. Der Mann brennt für seine neue Rolle, da müssen Journalisten eben die Zähne zusammenbeißen und zugeben: Der 40-jährige Essener ist ein Glücksfall für das RTL-Mittelalterspektakel. Kein Märchenfilm mit Männern in Strumpfhosen – ein düsteres, apokalyptisch gefärbtes Drama mit rohen Kerlen und brutalen Sitten. Und mit Henning Baum, Fachmann für den undressierten Mann.
Was Henning Baum an seiner Götz-Rolle begeistert
Gedreht wurde in tschechischen Wäldern und Burgen, die letzten Szenen entstehen diese Woche in Berlin, Sendetermin ist im nächsten Frühsommer. Henning Baum hat wochenlang in seinem Wohnmobil im Wald geschlafen, sieht verwildert aus, ein Hüne in dreckiger Ledermontur, eine Gestalt aus einer anderen Zeit. „Ich habe das sehr genossen“, sagt Baum mit ordentlich Testosteron in der Stimme. Das Kämpfen, die Pferde – „das macht ja was mit einem, das geht direkt in den Körper“. Dieser Götz ist für Hennig Baum keine Rolle mehr, sondern eine zweite Haut. Verdreckt, versehrt, vernarbt.
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Und die eiserne Prothese? Ein tolles Spielzeug für große Jungs, ein prima Werkzeug für grobmotorische Konfliktlösung: „Man muss näher an den Mann rangehen und gewaltiger schlagen.“ Baum streicht respektvoll über seine Zweieinhalb-Kilo-Faust: „Die Beschleunigung, die die Schultermuskulatur erfährt, ist schon enorm.“ Heißt: Die Faust lässt es richtig krachen. „Das ist keine Deko.“ Nee, klar. Die Muskeln pumpen, Baums rechter Arm sieht mittlerweile doppelt so stark aus wie der linke. Aber davon will der Haudegen nichts wissen. „Ich habe so ein Krabben-Gen in mir. Der eine Arm ist immer dicker als der andere.“ Wie bei Popeye.
Zwei Stunden dauert die RTL-Version über Götz von Berlichingen. „Es wird gepfählt und gerädert, es wird gevögelt, es wird gesoffen“, sagt Regisseur Carlo Rola. Bildungsfernsehen für die ganze Familie sieht anders aus, das Spätmittelalter ist eben kein Kinderspiel-platz. Und Götz muss erst seine Hand verlieren und dem Tod ins Auge sehen, bis aus dem egoistischen Raubritter eine fernsehtaugliche Lichtgestalt wird. Ein „deutscher Held“, wie Rola findet. Ein Invalide, der sich selbst neu erfindet. Eine moderne Figur – mit der eisernen Faust als Markenzeichen.
In der Krise entdeckt er seinen weichen Kern
Der historische Götz dagegen passt in keine Schublade, war in zahllose Fehden verwickelt, geriet in den schwäbischen Bauernkrieg, legte sich mit diesem und jenem an. „Da blickt keiner durch“, sagt Produzent Sascha Schwingel. Schon Goethe musste die Geschichte für sein Erfolgsstück zuspitzen und Teile dazu erfinden, RTL tut es erst recht. Goethe erfand Götz’ Gegenspielerin, die intrigante Adelheid von Walldorf, der Sender dichtet ihm noch eine Gefährtin an: Götz überlebt die Amputation seiner Hand nur durch die Hilfe der geheimnisvollen Heilerin Saleema (Dennenesch Zoudé), die sich – natürlich – in den gehandicapten Rabauken verliebt. Damit Götz das auch merkt, besteht Saleemas Berufskleidung praktischerweise bloß aus einem Straußenleder-Bustier und ledernen Hotpants.
Der Bulle im Kino
Kein Mittelalterfilm ohne Esoterik und Erotik, kein Heldenstoff ohne innere Läuterung. In der Krise entdeckt Götz seinen weichen Kern: „Man darf sich nicht verführen lassen durch dieses grobe Äußere“, sagt Baum. Götz ist nicht wie Kumpan Lerse (Andreas Guenther), der morgens aufsteht und sich fragt, „wem er heute auf die Fresse hauen darf“. Götz sei ein sensibler Typ, „der das natürlich, so gut es geht, verborgen hält“. Es frisst ihn an, dass seine Freunde sterben, wenn er Fehler macht. Dem Feind indes macht er schon bei Goethe klar: „Er kann mich im Arsche lecken!“